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Schweiz Verbandsbeschwerderecht wieder unter Druck

Mit dem Verbandsbeschwerderecht können Umweltverbände bei Bauprojekten Einsprachen machen. Dabei bekommen die Umweltverbände häufig recht. Dadurch verzögern sich allerdings die Vorhaben, wie die Kritiker monieren.

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Verbandsbeschwerderecht wieder unter Druck
aus Rendez-vous vom 26.11.2015. Bild: Keystone
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Wenn Investoren ein grösseres Projekt planen, fürchten sie oft die Umweltverbände. Diese können nämlich einen Bau mit Beschwerden blockieren. Wegen der unterschiedlichen Interessen Bauwirtschaft und Umweltverbänden gab es sogar eine eidgenössische Initiative, die dieses Verbandsbeschwerderecht abschaffen wollte. Sie hatte allerdings keinen Erfolg. Mittlerweile ist es vordergründig ruhiger geworden.

Retourkutsche für Einsprachen?

Da ist zum Beispiel der Kanton St. Gallen. Die bürgerlichen Parteien wollten dem WWF letztes Jahr die Beiträge aus dem Lotteriefonds für die Umweltbildung an den Schulen streichen. Für Martin Zimmermann, Geschäftsleiter des WWF Ostschweiz, ist klar, dass die Bürgerlichen den WWF zurückbinden wollten, weil er sein Beschwerderecht nutze: «Wir haben verschiedene Einsprachen gemacht, bei denen wir Erfolg hatten. Ich denke, das ist eine Retourkutsche für unsere Arbeit.»

Der bürgerliche Angriff ging ins Leere, aber die Diskussion war lanciert. In den Leserbriefspalten mehren sich wieder die Kritiker, die das Verbandsbeschwerderecht einschränken oder gar abschaffen wollen. Verschiedene Baustellen befeuern diese Diskussion, zum Beispiel die schwierige Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative. Im nationalen Parlament ist ein Vorstoss hängig, der vor Missbrauch des Beschwerderechts warnt und Konsequenzen fordert.

Energiewende ohne Verbandsbeschwerderecht?

Auch bei der Energiewende spielt das Verbandsbeschwerderecht eine Rolle, etwa wenn es darum geht, ein neues Wasserkraftwerk zu bauen. Dann soll die Möglichkeit zur Verbandsbeschwerde eingeschränkt werden.

Im Aargau wiederum verzögern Einsprachen seit Jahren, dass ein Fussballstadion gebaut wird. Regierung und Parlament des Kantons Aargau wollen nun die Verfahren bei Einsprachen straffen und beschleunigen. Das heisst, sie wollen weniger Instanzen und kürzere Fristen sowohl für Einzelpersonen als auch für Umweltverbände.

Thierry Burkart, neu gewählter FDP-Nationalrat und Initiant des Aargauer Vorstosses: «Man muss sehen, wenn man alles miteinrechnet, den politischen und den Rechtsmittelprozess, kann es bis zu zehn Jahre dauern, bis entschieden ist, und das ist zu lange. Wir behindern uns hier selber.» Die Verfahren müssten deshalb schneller abgewickelt werden.

Grundsätzlich gegen Umweltschutz?

Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz, traut dieser Argumentation nicht: «Viele, die nach einer Beschleunigung des Verfahrens rufen, wollen eigentlich eine Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts.»

Die Initiative, die das Verbandsbeschwerderecht der Umweltverbände abschaffen wollte, ist vor sieben Jahren zwar deutlich abgelehnt worden. Aber: «Ich denke, es ist wieder in Gefahr geraten. Wir haben nicht mehr diese direkten Angriffe, aber zurücklehnen können wir uns nicht. Das spüren wir an verschiedenen Orten», so Rodewald,

Landschaftsschützer Rodewald sagt weiter: «Wir wehren uns nicht à priori gegen schnellere Verfahren. Wenn man jetzt einfach sagt, erhöht das Tempo der Verfahren, dann wird die Qualität der Entscheide schlechter.»

Erpressung durch Umweltgesetze?

Sinnvoller wäre, sich genügend Zeit zu nehmen, die Konfliktpunkte bei einem Bauprojekt zu bereinigen, bevor es zu Einsprachen und Beschwerden komme. Gerade bei diesem Punkt aber setzt die Kritik von Andrea Caroni ein.

Er ist neugewählter Ständerat aus Appenzell Ausserrhoden: «Das Problematischste am Verbandsbeschwerderecht ist sein Erpressungspotential. Es gibt Fälle, bei denen ein Verband rechtlich nichts gegen ein Vorhaben einwenden kann, aber er kann es um viele Jahre verzögern. Und weil der Bauherr das weiss, wird er erpressbar, denn für ihn geht es um sehr viel.»

Abhilfe schaffen würden schnellere Verfahren, da ist Andrea Caroni überzeugt. Entsprechende Vorstösse sind auch auf nationaler Ebene angedacht. Auch wenn sich die Mehrheit der Kritiker gegen den Vorwurf wehrt, sie hätten eigentlich die Verbandsbeschwerde im Visier, missfällt ihnen das umweltpolitische Instrument nach wie vor. Vielleicht auch, weil die Umweltverbände damit vor Gericht oft Erfolg haben.

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