Vor vier Jahren noch hat das Parlament klare Beschränkungen für Kriegsmaterialexporte aus der Schweiz ins Gesetz geschrieben. Doch die Zeiten hätten sich geändert, haben die bürgerlichen Parteien heute im Nationalrat festgestellt.
Wir haben kaum mehr eine funktionierende Rüstungsindustrie in unserem Land.
Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine müsse die Schweiz ihre Verteidigungsfähigkeit stärken. Eine starke Rüstungsindustrie sei ein Teil davon. Doch SVP-Nationalrat Mauro Tuena zeigt sich besorgt über den aktuellen Zustand: «Wir haben kaum mehr eine funktionierende Rüstungsindustrie in unserem Land.»
Das sei darauf zurückzuführen, dass das geltende Kriegsmaterialgesetz zu viele Einschränkungen enthalte. «Eine heimische Rüstungsindustrie kann nur existieren, wenn sie auch exportieren kann», begründet Reto Nause, Nationalrat der Mitte.
Bedingte Weitergabe an Drittstaaten
Die Mehrheit des Nationalrats mit SVP, FDP und Mitte ist deshalb dem Antrag der sicherheitspolitischen Kommission gefolgt, die geltenden Einschränkungen für Kriegsmaterialexporte aus der Schweiz deutlich zu lockern. Und: Länder, die in der Schweiz Kriegsmaterial gekauft haben, sollen dies neu auch an Drittstaaten weitergeben dürfen.
Im Nationalrat heftig umstritten war dabei die Frage, ob die Schweiz damit gegen ihre Neutralität und gegen Menschenrechte verstösst. Die bürgerliche Mehrheit findet: Nein. «Die Revision erlaubt keine Exporte in laufende internationale Konflikte. Die Grundsätze der Bewaffneten Neutralität werden nicht aufgeweicht, sondern klar bestätigt», konstatiert FDP-Nationalrat Heinz Theiler.
Das ist die Neutralität der SVP: die Neutralität des Geldsacks.
Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat versichert, die Gesetzesänderungen würden in keiner Art und Weise einen Blankoscheck für den Bundesrat darstellen. Jedes Exportgesuch werde vom Staatssekretariat für Wirtschaft einzeln geprüft und unter gewissen Umständen abgelehnt.
Scharfe Kritik von Links
Doch die Linksparteien trauen den Zusicherungen nicht. «Business statt Kontrolle. Augen zu, wenn dafür der Rubel rollt, aber kuschen vor Trump und Putin. Das ist die Neutralität der SVP: die Neutralität des Geldsacks», kritisiert der grüne Nationalrat Balthasar Glättli. Er wirft der SVP vor, in krasser Weise gegen eben diese Neutralität zu verstossen, die die Partei mit der Neutralitätsinitiative eingereicht hat. Mit den Gesetzesänderungen würden Waffenexporte selbst in Staaten möglich, die sich in einem bewaffneten Konflikt befinden, warnen sie.