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Schweiz Was kommt auf uns zu? Parlamentarier zum Brexit

Eine Woche vor der Abstimmung schaut Europa gebannt über den Ärmelkanal. Werden die Briten in der EU verbleiben? Oder treten sie aus? Das Plebiszit lässt auch die Parlamentarier nicht kalt. Denn sie ahnen: Erschüttert ein Brexit die Insel, zittern wir auch in der Schweiz.

So hat sich das David Cameron wohl nicht vorgestellt, als er vor drei Jahren versprach, dem britischen Volk die «In-Out»-Frage zu stellen. 2013 dazu gedacht, den Tories den Wahlerfolg zu sichern, stellt sie das britisches Volk 2016 vor einen Schicksalsentscheid: Will Grossbritannien in der EU bleiben oder aus der Organisation austreten?

Die Geister, die der Premier rief, sind von London nach Bern gezogen. Im Bundeshaus schleichen sie sich in Gespräche ein und tauchen gar in den Debatten auf. SRF News hat National- und Ständeräte der Aussenpolitischen (APK) und Wirtschaftlichen Kommission (WAK) befragt, wie sie es mit dem Brexit halten.

Wie hat es zur Schicksalsabstimmung kommen können?

Tim Guldimann (SP/ZH): In seiner ganzen Geschichte hat sich England nie so recht in der EU integriert gefühlt wie andere Staaten. Der Konflikt schwelt schon lange. Bereits Margaret Thatcher hat darauf insistiert, dass sie weniger Beiträge zahlen muss und gedroht, sich andernfalls zu distanzieren.

Pirmin Bischof (CVP/SO): Trotz Sonderkonditionen sind viele Engländer immer unzufrieden gewesen mit der EU, weil sie den Eindruck haben, dass man in Brüssel zu bürokratisch, zu interventionistisch sei.

Christa Markwalder (FDP/BE): In den Reihen der Konservativen hat es auch Leute, die Cameron gerne beerben wollen. Wenn der Brexit zustande kommt, würde er sich kaum mehr als Premier halten können.

In Europas Politik ist eine grosse Nervosität vorhanden, dass sich Abbröckelungstendenzen auch in anderen Ländern bestätigen könnten.
Autor: Rino Büchel Nationalrat SVP/SG

Was würde der Austritt für Grossbritannien bedeuten?

Louis Schelbert (Grüne/LU): Alle durch eine Mitgliedschaft garantierten Erleichterungen würden aufgehoben. Dann müssten Neuverhandlungen geführt werden, von deren Ergebnis abhinge, was ein Brexit bedeuten würde. In der Tendenz ist damit zu rechnen, dass die wirtschaftlichen Bedingungen weniger günstig wären. Dafür wären die Engländer vielleicht politisch weniger eingebunden und freier im Entscheiden.

Rino Büchel (SVP/SG): Wirtschaftlich wird jetzt natürlich der Teufel an die Wand gemalt von Leuten, die in der EU bleiben möchten. Es gäbe sicher Folgen. Aber das Verhältnis würde sich nach einer kurzen Zeit normalisieren. Grossbritannien ist zu wichtig für die EU, und die EU zu wichtig für Grossbritannien.

Christa Markwalder (FDP/BE): Ein Austritt würde eine sehr grosse Rechtsunsicherheit auslösen. Und Rechtsunsicherheit – das kennen wir Schweizer bestens – ist Gift beispielsweise für die Attraktivität eines Standorts oder für die Investitionssicherheit.

Was hiesse ein Brexit für die EU?

Rino Büchel (SVP/SG): In Europas Politik ist eine grosse Nervosität vorhanden, dass sich Abbröckelungstendenzen auch in anderen Länder bestätigen könnten.

Tim Guldimann (SP/ZH): Er riefe eine grosse Verunsicherung für die wirtschaftliche Weiterentwicklung hervor. Ein hoher Vertreter der EU-Kommission hat mir vor zwei Wochen gesagt, dass ein Brexit für Brüssel Chaos bedeutete. Das heisst: Die EU weiss selbst nicht, wie sie diesen in den nächsten Jahren regeln könnte.

Was kann ein Ausstieg Grossbritanniens für die Schweiz bedeuten?

Louis Schelbert (Grüne/LU): Wirtschaftlich wäre ein Austritt wohl mit einer längeren Phase der Unsicherheit und also auch mit Unsicherheiten bei uns verbunden. Politisch könnte ich mir vorstellen, dass ein Brexit für die Schweiz Vorteile hätte, weil sie dann im westeuropäischen Rahmen weniger alleine wäre.

Christa Markwalder (FDP/BE): Würde der Brexit passieren, könnten wir noch weniger darauf hoffen, irgendeine gescheite Kompromisslösung zu finden, um unseren Zuwanderungsartikel umzusetzen.

Pirmin Bischof (CVP/SO): Bei einem Brexit dürfte es zu Währungsdestabilisierungen kommen. Die haben in der Regel zur Folge, dass der Franken unter Druck gerät. Das ist Gift für unsere Exportindustrie.

Welche Prognose geben Sie ab?

Louis Schelbert (Grüne/LU): Ich vermute, dass der konservative Teil in der Bevölkerung lieber bei dem bleiben wird, was besteht, weil das eine berechenbare Realität ist. Ein Austritt ist demgegenüber mit vielen Unwägbarkeiten verbunden, bei denen ich mir vorstellen könnte, dass man die nicht leichtfertig eingeht.

Pirmin Bischof (CVP/SO): Ich kenne die Engländer zu wenig gut. Von meinen Kontakten, die ich nach England habe, glaube ich, dass sie letztlich bleiben.

Ich habe null Verständnis für Illusionen, dass sich ein Austritt für die Schweiz positiv auswirken könnte.
Autor: Tim Guldimann Nationalrat SP/ZH

Welches Wunschresultat schwebt Ihnen vor?

Tim Guldimann (SP/ZH): Selbstverständlich ein Verbleib. Ich habe null Verständnis für Illusionen, dass sich ein Austritt für die Schweiz noch positiv auswirken könnte.

Christa Markwalder (FDP/BE): Kein 50-50-Resultat, das die Nation spaltet, sondern ein eine klare Bestätigung eines Verbleibs; wieder einmal ein Bekenntnis nicht nur zur Wirtschaft, sondern auch zu den europäischen Grundwerten. Die sind immer wieder in Frage gestellt in dieser konfliktreichen Welt.

Rino Büchel (SVP/SG): Ich habe kein Wunschresultat. Die Briten sollen für sich entscheiden. Aber interessant ist, dass man sieht, wie die Demokratie zu funktionieren beginnt. Sie ist sehr lebendig, gerade auch innerhalb der einzelnen britischen Parteien.

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