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Schweiz Wie kriminell sind Einwanderer wirklich?

Neue Zahlen zeigen erstmals, welche Nationalitäten am meisten verurteilt werden. Woher die Täter stammen und warum die Zahlen nur beschränkt Aussagekraft besitzen – eine Analyse von SRF Data.

Woher kommen die Straftäter, die in der Schweiz verfolgt und verurteilt werden? Eine neue Statistik des Bundesamtes für Statistik (BFS) versucht erstmals, diese Frage zu beantworten. In der «Strafurteilsstatistik der Erwachsenen 2014» werden verurteilte Personen nach Nationalität aufgeschlüsselt und mit der ständigen Wohnbevölkerung abgeglichen. So lässt sich neu analysieren, welche Besitzer welchen Passes besonders oft straffällig werden.

Die bisherige Berichterstattung in den Schweizer Medien lässt allerdings grosse Fragen offen. SRF Data versucht hier, die wichtigsten davon zu beantworten.

In den Medien werden unterschiedliche Länder genannt. Welche Einwanderer sind jetzt am kriminellsten?

Das hängt von der Methodik ab, mit der man die Zahlen analysiert. Um die Nationalitäten untereinander zu vergleichen, hat das BFS die Anzahl Verurteilungen mit der Zahl der ständigen Wohnbevölkerung in der Schweiz abgeglichen. Daraus resultiert die sogenannte Belastungsrate. Die höchste durchschnittliche Belastungsrate gemäss Delikten nach Strafgesetzbuch haben demnach Einwanderer aus Monaco – fünf Prozent aller in der Schweiz wohnhaften Monegassen wurden 2014 also verurteilt. Der Haken: Es gibt nur 20 Monegassen in der Schweiz. Die Belastungsrate alleine ist also kein gutes Indiz und sollte immer im Kontext interpretiert werden.

Berücksichtigt man nur Nationalitäten, die über mindestens 50 Verurteilungen verfügen, sieht die Liste anders aus. Demnach wurden im Jahr 2014 Personen aus Südwestafrika (Angola, Namibia) durchschnittlich am meisten verurteilt: 34 mal pro 1000 Einwohner, das ist rund jeder Dreissigste. Allerdings beträgt die Zahl der südwestafrikanischen Bevölkerung mit B- und C-Ausweis weniger als 2000. Es waren total also lediglich 64 Verurteilungen, die diese hohe Belastungsrate ausmachen. Wären es zehn Verurteilungen weniger, würde Südwestafrika die Liste nicht mehr anführen, sondern Westafrika (unter anderem Elfenbeinküste, Gambia, Ghana, Kongo).

Macht es überhaupt Sinn, die Nationalität mit Verurteilungen zu kombinieren?

Wie das BFS in seinem Grundlagenpapier, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen schreibt, hat die Auswertung der Strafurteile nach Nationalität «beschreibenden Charakter und erlaubt keine ursächlichen Schlussfolgerungen». Die Nationalität könne aber stellvertretend für gewisse Faktoren stehen, denen Angehörige gewisser Nationen mehr ausgesetzt seien – etwa Wohlstands- und Bildungsniveau, Migrationsgeschichte und Integrationschancen.

Konkret: Der Pass ist kein Grund, dass jemand kriminell ist. Aber er kann zu Umständen führen, die ein Delikt wahrscheinlicher machen. Strafrechtsprofessor und SP-Nationalrat Daniel Jositsch sagte gegenüber SRF, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen, die Aussagekraft der Zahlen seien beschränkt. Die Unterschiede liessen sich wohl stärker durch die unterschiedliche Zusammensetzung der Population erklären als durch die Nationalität. «Da sind teilweise mehr junge Männer darunter, diese sind auch bei Schweizern krimineller. Je nach dem verfälscht das natürlich das Bild der Zahlen.»

Sind hier alle Verbrechen berücksichtigt, die in der Schweiz begangen werden?

Nein. Nicht alle Straftaten werden bei der Polizei gemeldet. Und von denen, die gemeldet wurden, werden nicht alle aufgeklärt. Und nicht alle Beschuldigten werden am Ende verurteilt. Zudem spielt es einen Unterschied, wann ein Verbrechen begangen wurde und wie lange der Strafprozess dauert. Hier werden nur Urteile aus dem Jahr 2014 berücksichtigt.

Das BFS unterscheidet dabei zwischen Urteilen gemäss Strafgesetzbuch (Diebstahl, Körperverletzung usw.), Strassenverkehrsgesetz, Ausländergesetz und Betäubungsmittelgesetz. Es zeigt sich, dass sich die Rangliste der kriminellsten Nationen je nach Gesetzbuch unterscheidet.

Sind die Einwanderer jetzt krimineller als die Schweizer oder nicht?

Gemäss diesen Daten trifft das zu. Durchschnittlich werden in der Schweiz lebende Ausländer deutlich öfter für eine Straftat verurteilt als Schweizer – jeder 220. Ausländer mit B- oder C-Bewilligung und jeder 450. Schweizer.

Vergleicht man diese Zahlen aber mit den verurteilten Straftätern, die nicht Teil der ständigen Wohnbevölkerung sind – in erster Linie Personen ohne Aufenthaltsbewilligung und Kriminaltouristen – zeigt sich, dass diese den grösseren Teil der absoluten Zahl an Urteilen verantworten. Insbesondere Kriminaltouristen aus Rumänien und Nordafrika bekamen 2014 am meisten Urteile. Eine Belastungsrate lässt sich hier aber nicht errechnen, weil unbekannt ist, wie viele Rumänen ohne B- und C-Bewilligung sich tatsächlich in der Schweiz aufhalten.

Welche Kriminaltouristen sind am kriminellsten?

Auch hier lässt sich keine Belastungsrate errechnen. Die absoluten Zahlen zeigen aber, dass Ausländer aus Osteuropa am meisten verurteilt werden.

War das schon immer so?

Um die zeitliche Entwicklung von delinquenten Einwanderern zu analysieren, muss eine weitere Statistik berücksichtigt werden: die Einweisungen in den Straf- und Massnahmenvollzug. Hier sieht man: Seit 1994 haben sich die fünf Nationalitäten mit den meisten absoluten Delikten unterschiedlich entwickelt. Während die Rumänen erst in den letzten Jahren zum Problem wurden, nahmen die Delikte der Nordafrikaner wieder ab.

Nimmt die Ausländerkriminalität zu?

Die Statistik der Einweisungen in den Straf- und Massnahmenvollzug weist auf diese Tendenz hin. Ob sich das auch in den Strafurteilen zeigt, wird sich erst in ein paar Jahren beantworten lassen. Gleichzeitig gilt es auch hier zu beachten: Der Ausländeranteil in der Schweiz nahm ebenso zu. Eine Normalisierung dieser Zahlen gibt es aber nicht.

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