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Deshalb wollen Maries Eltern am Prozess teilnehmen
Aus 10 vor 10 vom 04.03.2016.
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Schweiz Wird Maries Mörder für immer verwahrt?

Der vorbestrafte Mörder, der 2013 in Payerne die 19-jährige Marie entführt, sexuell genötigt und umgebracht haben soll, steht kommende Woche bei Lausanne vor Gericht. Im Prozess um eines der aufsehenerregensten Verbrechen der letzten Jahre steht auch eine lebenslange Verwahrung zur Debatte.

  • Angeklagter war als vorbestrafter Mörer, Entführer und Vergewaltiger und trotz Morddrohungen in Hausarrest entlassen worden
  • Angehörige fordern lebenslange Verwahrung
  • Verteidiger sieht Voraussetzungen für lebenslange Verwahrung nicht gegeben
  • Waadtländer Regierungsrat verschärfte nach dem Mord Vollzugspraxis

Seit dem Volksentscheid zur lebenslangen Verwahrung nicht therapierbarer Sexual- und Gewaltstraftäter wurde ein einziger Entscheid rechtskräftig. Kommende Woche steht beim Prozess gegen den mutmasslichen Mörder der 19-jährigen Marie wieder eine lebenslange Verwahrung zur Debatte.

Ab Montag muss sich der der 39-jährige Claude D. bei einem landesweit beachteten Prozess in Renens vor Bezirksgericht verantworten. Trotz Fussfessel und Hausarrest soll der vorbestrafte Mörder Marie im Mai 2013 nach deren Arbeitsschluss in einem Restaurant in Payerne (VD) entführt, sexuell genötigt und schliesslich erdrosselt haben.

Voraussetzungen für lebenslange Verwahrung gegeben?

Eine ausgemachte Sache ist die lebenslange Verwahrung jedoch selbst angesichts der schwerwiegenden Anklagepunkte und des vorangegangenen Mordes keineswegs. Die Staatsanwaltschaft muss dafür nämlich zwei grundsätzlich übereinstimmende Expertengutachten vorlegen können, die den Täter als extrem gefährlich und nicht therapierbar einstufen.

Hohe Hürden

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Zur Verhängung der schärfstmöglichen Sanktion müssen zwei Gutachter lebenslange Untherapierbarkeit feststellen. Seit Annahme der Verwahrungsinitiative wurde erst eine einzige lebenslängliche Verwahrung rechtskräftig. Auch bei einer ordentlichen Verwahrung mit regelmüssiger Überprüfung sind die Chancen auf eine Haftentlassung jedoch äusserst gering.

Eines der beiden Gutachten ist eindeutig. Es beschreibt Claude D. als unzugänglichen Psychopathen, der bis an sein Lebensende untherapierbar sei. Und auch der zweite Gutachter diagnostiziert dem Angeklagten schwere Persönlichkeitsstörungen und ein hohes Rückfallrisiko. Er hält aus wissenschaftlicher Sicht eine Prognose bis ans Lebensende jedoch nicht für möglich.

Damit ist eine lebenslange Verwahrung nach Ansicht von D.s Verteidiger Loïc Parein ausgeschlossen. Zwingend ist eine solche dagegen für Jacques Barillon, den Anwalt von Maries Angehörigen: «Falls Claude D. nicht auf Lebzeiten verwahrt würde, müsste diese Norm [...] aus dem Gesetz gestrichen werden.»

Zielt die Verteidigung auf das Opfer?

Bei der Verhandlung dürfte neben der Frage der Verwahrung auch die Beziehung zwischen Mörder und Opfer, die sich über das Internet kennengelernt hatten, unter die Lupe genommen werden. Während der Untersuchung machten verschiedene, von der Staatsanwaltschaft nicht bestätigte Hypothesen die Runde.

Vor allem zu reden gab ein Blog von Marie, der laut Verteidigung belegen soll, dass die junge Frau sexuelle Dienste im Internet anbot. Die Familie von Marie, die ebenfalls am Prozess teilnehmen wird, bezweifelt, dass die Daten echt sind.

Der Prozess beginnt am Montag und ist auf fünf Tage angesetzt. Er wurde wegen des grossen Medieninteresses nach Renens bei Lausanne verlegt.

Kanton änderte Strafvollzugsstrategie

Der Mord an Marie hatte die Waadtländer Justizbehörden in argen Verruf gebracht. Obwohl Claude D. bereits 1998 seine damalige Freundin entführt, vergewaltigt und getötet hatte, wurde er 2012 mit einer Fussfessel in den Hausarrest entlassen. Nach einer erneuten Inhaftierung wegen Morddrohungen erteilte das Zwangs- und Massnahmengericht einem Rekurs von D. 2013 aufschiebende Wirkung. Claude D. gelangte wieder in Hausarrest, vier Monate später war Marie tot.

Die verantwortliche Richterin wurde im Nachgang auf eigenen Wunsch versetzt und ist mittlerweile nicht mehr für die Waadtländer Justiz tätig. Obwohl eine Administrativuntersuchung die Justizbehörden entlastete, verschärfte die Waadländer Politik in der Folge die Aufsicht. Zudem führte der Regierungsrat im Rahmen eines Gesamtkonzepts für den Strafvollzug unter Anderem den Informationsaustausch zwischen Gefängnispsychiatern und Strafvollzugsbehörden ein.

Ausserdem beschloss der Regierungsrat, per sofort bei gefährlichen Verbrechern nicht mehr auf Fussfesseln zu vertrauen. Eine Entschuldigung der politisch Verantwortlichen steht hingegen bis heute aus.

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