Frauen sind auf der Ebene der Konzernleitungen von Schweizer Unternehmen rar. Bei den Chefs liegt ihr Anteil zwar im internationalen Mittel, geht es allerdings um die Posten von Finanzchefs und andere Managerstellen, bietet sich ein anderes Bild, wie eine neue Studie der CS belegt.
Auch in Verwaltungsräten sind Frauen unterdurchschnittlich vertreten. In den vergangenen acht Jahren stieg der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien zwar um 55 Prozent. Mit einem Anteil von 13,4 Prozent liegt er hinter dem internationalen Mittel von 14,7 Prozent zurück. In Europa ist der Frauenanteil sogar doppelt so hoch wie in der Schweiz.
Praktisch keine Frauen als Führungsnachwuchs
Auf der höheren Führungsebene sind die Frauen in der Schweiz mit 6,7 Prozent vertreten. Der internationale Durchschnitt beträgt 13,8 Prozent, wobei Europa einen Anteil von 12,6 und die USA einen von 16,3 Prozent ausweisen.
Bei den Konzernchefinnen fällt die Schweiz im internationalen Vergleich dagegen kaum zurück. 3,8 Prozent beträgt der Anteil der Firmenlenkerinnen hierzulande, 3,9 Prozent international. Auf der Führungsstufe darunter gibt es deshalb aber nicht mehr Frauen anders als im Ausland.
So gibt es in der Schweiz 70 Prozent weniger Finanzchefinnen. 67 Prozent weniger Frauen leiten den Strategiebereich oder einen Geschäftsbereich. Gemäss der Credit Suisse ist das eine strukturelle Herausforderung, weil gerade diese Posten als Sprungbrett für die Chefposition oder ein Verwaltungsratsmandat dienen.
Auch der Frauen-Nachwuchspool für leitende Stellungen ist in der Schweiz deutlich kleiner als im Ausland. Das legt laut der Studie nahe, dass sich der Frauenanteil auf den Topposten mittelfristig nicht erhöhen wird.
HSG-Professorin zum Frauenmangel an der Wirtschaftsspitze
Warum bleibt den Frauen hierzulande der Chefinnenposten immer noch verwehrt? | Gudrun Sanders: Das hat mehrere Gründe. Einer ist, dass man sich Frauen in Führungspositionen in der Schweiz immer noch schlecht vorstellen kann. Das hat mit den traditionellen Rollenerwartungen zu tun. Frauen haben sich immer noch mehrheitlich um Haus und Kinder zu kümmern und Männer machen Karriere. Es hat auch damit zu tun, dass in Firmen die Karrierewege immer noch sehr unflexibel sind und die Betreuungsinfrastruktur schlecht ist. |
Warum hält sich dieses traditionelle Rollenbild in der Schweiz hartnäckiger als in den umliegenden Ländern? | Das hat einerseits mit der Geschichte zu tun. In den umliegenden Ländern, in denen Krieg herrschte, wurden Frauen viel stärker in den Arbeitsmarkt integriert. Sie liessen sich nicht mehr zurückdrängen. Andererseits zeigt dies eine gewisse Privilegierungssituation durch die hohen Einkommen in der Schweiz, so dass es möglich – und teilweise auch Statussymbol – ist, dass Frauen nicht erwerbstätig sein müssen, oder eben nur in sehr kleinen Pensen erwerbstätig sind. |
Der Arbeitgeberverband sagt, die Frauen seien selberschuld,dass sie nicht in der Teppichetage anzutreffen seien. Hat er Recht? Halten sichFrauen lieber an die Mutterrolle als an die Chefinnenrolle? | Teilweise ist das so. Die Fall-Back-Option ist da, das heisst, wenn es sehr taff und unangenehm im Beruf wird, dann haben die Frauen immer so ein Ausstiegsszenario im Hintergrund, als Mutter. Auf der anderen Seite liegt es an den Firmen selber, die es den Frauen nicht unbedingt leicht machen, hineinzukommen. Es ist ein bisschen besser geworden. Aber es ist auch nicht einfach, dann drinnen zu bleiben und Karriere zu machen. |
Wo müssten die Firmen ansetzen? | Meine Erfahrung der letzten zwanzig Jahre zeigt: In den Firmen, in denen sich nicht das Topmanagement, hinter dem Thema steht und es nicht prioritär auf ihre Agenda setzt, passiert schlichtweg nichts. |
Gudrun Sanders ist Professorin für Diversity Management an der Uni St. Gallen. |