Der Käsemarkt ist liberalisiert, der Milchmarkt geschützt. Noch – denn die politische Marschrichtung in Bern läuft Richtung Marktöffnung. Der Bundesrat soll die Folgen gegenüber der EU prüfen, das verlangt der Ständerat. Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft, rechnet bei Grenzöffnung mit einem Einkommensverlust für die Milchproduzenten von 600 Millionen Franken jährlich.
Ein Szenario, das vielen Milchbauern Angst macht. Seit Jahren fällt der Produzentenpreis, allein 2012 um 3,5 Prozent. Gleichzeitig kämpfen die Bauern mit Überschüssen, weil sie zu viel Milch produzieren (s. Tabelle unten).
Verbands-Chef und -Präsident gemeinsam zurückgetreten
Anfang April sollen die Kandidaten für das künftige Präsidium im Verband der Schweizer Milchproduzenten (SMP) nominiert werden. Bereits versuchen die Fraktionen, ihre Kandidaten ins Spiel zu bringen. Vor wenigen Wochen waren der langjährige Präsident Peter Gfeller und sein Direktor Albert Rösti gemeinsam zurückgetreten. Gfeller und Rösti hatten jahrelang erfolglos versucht, den Milchmarkt zu regulieren, um Überproduktionen abzubauen.
Hinter den Rücktritten steht letztlich ein Richtungskampf. Die einen wollen die Milchmenge beschränken. Dieser Meinung ist etwa der Zürcher Milchbauer und SVP-Politiker Martin Haab. Damit sollen Überschüsse abgebaut werden.
Die anderen sehen ihre Chancen im freien Markt. So wie Roland Werner, Milchbauer und Milchhändler in einer Person und ebenfalls SVP-Mitglied. Er ist Verwaltungsratspräsident des Thur Milch Rings, einer Thurgauer Bauern- und Milchhandels-Organisation. Die Abnehmer von Thur Milch sind Unternehmen wie die Hochdorf-Gruppe, spezialisiert auf Babynahrung.
Mengenregulierung oder freier Markt? Ende Mai soll das Präsidium der Schweizer Milchproduzenten neu besetzt werden. Für den Vorstand des Schweizerischen Bauernverbandes muss der neue Präsident eine integrierende Persönlichkeit sein. Ein Richtungsstreit zwischen den unterschiedlichen Visionen würde den Verband der Schweizer Milchproduzenten weiter spalten und die Interessenvertretung der Milchproduzenten schwächen.
Schweizer Milchmarkt in Zahlen
ANZAHL MILCHPRODUZENTEN NACH GRÖSSE | |
Milchmenge 2012 | Anzahl Betriebe |
Über 1‘000‘000 kg | 25 |
Über 500‘000 kg | 388 |
Über 200‘000 kg | 4191 |
Bis 200‘000 kg | 19‘190 |
854 Betriebe stellten 2012 die Milchproduktion endgültig ein. | |
Quelle: TSM | |
MILCHLEISTUNG | |
Jahr | Milchleistung pro Kuh |
1985 | 4710 kg |
1995 | 5150 kg |
2005 | 6237 kg |
2011 | 6920 kg |
Quelle: BFS | |
ENTWICKLUNG DES PRODUZENTENPREISES | |
Jahr | Preis pro kg |
2001 | 80 Rp. |
2003 | 76 Rp. |
2006 | 72 Rp. |
2009 | 65 Rp. |
2012 | 61 Rp. |
Quelle: BLW |