Zehn Autominuten von Neuchâtel entfernt, in Boudry am Neuenburgersee: Die arbeitenden Frauen und Männer in weissen Kitteln tragen Mundschutz und Kopfhäubchen. Sie bedienen und überwachen die Verpackungsanlage von Celgene. Es rattert und zischt.
Pillen gegen Blutkrebs und Schuppenflechte: Das Pharma-Unternehmen vertreibt sie aus Boudry in alle Welt. Über 700 Angestellte beschäftigt der amerikanische Konzern in der Schweiz, das sind zehn Prozent seiner Belegschaft. Bald kommen 100 weitere Angestellte dazu, in einer neuen Fabrik, 20 Kilometer weiter, im Örtchen Couvet im Val-de-Travers.
Der Finne Tuomo Pätsi leitet das gesamte Geschäft von Celgene in Europa, Nahost und Afrika. Ihm gefällt es in der Schweiz, wo er mit seiner Frau und seiner Familie seit Jahren lebt. Der Blick von seinem Büro auf den Neuenburgersee und die Alpen ist prächtig.
Viele Akademiker in der Pharmaindustrie
Die Pharmabranche erkor sein Unternehmen als Vorzeigebeispiel für die Medien, stellvertretend für alle in- und ausländischen Pharmakonzerne, die von den Standortvorteilen der Schweiz profitieren. Das Wichtigste dabei sei das gut ausgebildete Personal, sagt Pätsi. Rund die Hälfte seiner Leute hat einen Universitätsabschluss. «Mediziner und andere Wissenschaftler arbeiten hier, Juristen, Spezialisten für Regulierung, Marketing, Finanzen... und, ebenfalls wichtig: technische Fachkräfte in der Produktion.»
Die Akademiker dominieren in der Branche mit einem Anteil von 48 Prozent. Weitere 42 Prozent der Angestellten haben eine Fach- oder Berufsausbildung. Das untersuchte das Forschungsinstituts BAK Basel im Auftrag der Pharma-Industrie. Michael Grass von BAK Basel: «Bei unteren Qualifikationsgraden hat man dank der Automatisierung der Produktionseffizienz einen niedrigeren Bedarf.»
Die Pharma-Konzerne hätten Arbeitsplätze in Fabriken, die kaum rentierten, rascher abgebaut als viele kleine und mittlere Industrie-Betriebe. Der Anteil der Niedrig-Qualifizierten sei deshalb mit 10 Prozent nur halb so gross wie sonst in der Industrie.
Wenig Personal, viel Leistung
Entsprechend hoch ist die Wertschöpfung im Pharmasektor. Er trägt mit verhältnismässig wenig Personal jährlich rund 7 Prozent zur gesamten Wirtschaftsleistung der Schweiz bei, die Tendenz ist steigend.
Wenn die Pharma-Industrie hervorstreicht, dass sie - im Gegensatz zu andern Unternehmen des Industriesektors -nicht Stellen abbaut, sondern im Gegenteil Stellen schafft, dann gilt dies vorwiegend für gut ausgebildete Arbeitskräfte. Nicht selten sind es Ausländer, die sie besetzen. Ihr Anteil ist stark überdurchschnittlich. 65 Prozent der Pharma-Angestellten haben einen ausländischen Pass. Zum Vergleich: In der Gesamtwirtschaft sind es lediglich rund 20 Prozent.
Auch Pätsi von Celgene holt immer wieder gute Leute aus dem Ausland. Sein Interesse ist klar, das soll so bleiben. Er hoffe sehr, die Politik werde die Masseneinwanderungsinitiative so umsetzen, dass die Bilateralen Verträge mit der EU erhalten blieben. Der Wink an die Adresse von Bundesrat und Parlament ist klar: «Ohne Ausländer könnte sich der Ausblick verdüstern», so die Botschaft.
Nicht nur für die Pharmabranche würde sich der Ausblick trüben. Insgesamt rund 180'000 Schweizer Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt vom Wohlergehen der Branche ab, heisst es in der neuen Studie von BAK Basel.
Pharma rechnet mit mehr Jobs
Die übrige Industrie müsse in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich über 3000 Stellen abbauen. Die Pharmabranche werde dagegen 7000 bis 8000 Leute zusätzlich einstellen.
So erstaunt nicht, dass diese Unternehmen ihr Gewicht auch bei der bevorstehenden Unternehmenssteuer-Reform III in die Waagschale werfen: Mit der Reform will der Bund Steuerschlupflöcher stopfen, ohne die Konzerne aus dem Land zu vertreiben.
«Die steuerliche Attraktivität ist ganz wichtig», sagt Thomas Cueni, Generalsekretär vom Branchenverband Interpharma. Es brauche die Steuerreform, damit ausländische Unternehmen wie der Pharmakonzern Celgene in Neuenburg auch künftig weiter investieren in der Schweiz würden.
Die Pharma-Industrie ist wichtig für die Schweizer Wirtschaft. Die Bruttowertschöpfung lag in den letzten beiden Jahren jeweils bei rund 25 Mrd CHF. Berücksichtige man auch Zulieferer-Unternehmen, habe die Pharma-Branche im letzten Jahr gar 45 Mrd CHF oder 7 Prozent zum Bruttoinlandprodukt der Schweiz beigetragen, schreibt das Institut BAK Basel.
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