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Wirtschaft SBB will wissen, ob sie fair bezahlt

Mit einem Zertifikat will der Bahnkonzern darlegen, dass er ein faires Lohnsystem hat – dass er nicht nach Geschlecht, Alter oder Nationalität diskriminiert. Zwischen Frau und Mann geht es gerecht zu, weniger hingegen zwischen Jung und Alt. Solche Zertifizierungen könnten Schule machen.

Die Zahlen sind ernüchternd: Frauen verdienen in der Schweizer Privatwirtschaft im Schnitt 19 Prozent weniger als Männer. Ein Teil dieser Differenz ist erklärbar mit der Ausbildung oder dem Verantwortungs-Niveau. 8,7 Prozent jedoch bleiben unerklärt, diskriminierend. Das sind immerhin 677 Franken pro Monat.

Video
Markus Jordi über Lohn-Zertifizierung der SBB
Aus ECO vom 29.09.2014.
abspielen. Laufzeit 52 Sekunden.

Von Lohngleichheit ist die Schweizer Wirtschaft noch weit entfernt. Nun aber preschen erste Firmen vor: Sie lassen ihr Lohnsystem zertifizieren. SBB-Personalchef Markus Jordi sagt gegenüber «ECO»: «Ein Unternehmen hat sich dieser Transparenz zu stellen. Wir wollen wissen, ob wir diskriminieren oder nicht – damit wir Gelegenheit haben, in den nächsten Lohnrunden Gegensteuer zu geben».

Die SBB hat erst vor vier Jahren ein neues Lohnsystem eingeführt, weg von einem öffentlich-rechtlich geprägten Lohnsystem hin zu einem privatwirtschaftlich ausgerichteten. Eine grosse Kulturveränderung, die laut Jordi auch von Unruhe in der Belegschaft begleitet war. «Wir haben unseren Leuten versprochen, dass wir ein Lohnsystem nach professionellen Grundsätzen aufsetzen wollen, und jetzt wollen wir das überprüfen lassen», so Jordi.

Lohn der Älteren auf Kosten der Jüngeren

Gewerkschaft zu SBB-Löhnen

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Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) erachtet das Lohnsystem der SBB für geschlechtsneutral. Sprecher Peter Moor sieht dennoch «gewisse Diskriminierungen». «Gewisse Chefs attestieren Frauen nicht denselben Erfahrungsschatz. Oder aber sie profitieren davon, dass Frauen weniger hart für ihren Lohn kämpfen», so seine Einschätzung.

Noch ist die Zertifizierung im Gang. «ECO» weiss, dass die SBB in der Geschlechter-Frage gut abschneidet: Die Lohndiskriminierung beträgt 0,7 Prozent – und damit deutlich weniger als die tolerierten 5 Prozent, die etwa der Lohngleichheitsdialog zwischen Bund und Sozialpartnern vorsieht.

Hingegen zeichnet sich ab, dass ältere SBB-Mitarbeiter tendenziell relativ gut verdienen – auf Kosten der jüngeren. Da zeige sich der Einfluss von Gesamtarbeits-Verträgen, sagt Vergütungsspezialist Urs Klingler, der die Zertifizierung im Auftrag der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme SQS vornimmt. Demnach verdienen ältere Mitarbeiter tendenziell mehr, und «das führt in der Regel dazu, dass junge relativ schlecht gestellt sind», sagt Klingler. Überprüft wird darüber hinaus eine mögliche Diskriminierung hinsichtlich der Nationalität der Mitarbeiter. Spätestens Anfang November wird der definitive Befund feststehen.

Bundesrat droht mit Regulierungen

Premiere bei «ECO»

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Erstmals präsentierte Reto Lipp zwei «Duellanten» zu einem Thema der Sendung. Anlass ist die ausgelöste Lohn-Diskussion der vorangegangenen Ausstrahlung.

Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbundes, und Valentin Vogt, Präsident des Arbeitgeberverbandes, diskutierten live.

Neben der SBB haben sich bislang rund 40 Unternehmen in der Schweiz einer Zertifizierung von verschiedenen Anbietern unterzogen, etwa CSS, Lombard Odier, KPMG, L’Oréal, Novartis, Syngenta, Schindler, Cablecom, Mc Donald’s oder Siemens. Das ist wenig. «Das Thema gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist schon lange ein Thema, und die Firmen sagen, sie halten das ein. Und trotzdem ist es noch nicht so realisiert», sagt SBB-Personalchef Jordi. Bleibe es bei Lippenbekenntnissen der Wirtschaft, so komme es irgendwann zu einer Regelung via Gesetz oder Verordnung.

Diese Drohung liegt tatsächlich in der Luft: Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat den 2009 von Bund und Sozialpartnern gestarteten Lohngleichheits-Dialog Anfang Jahr beendet, nur gerade 50 Unternehmen hatten sich beteiligt. «Mein Departement prüft, mit welchen staatlichen Massnahmen man die Lohngleichheit durchsetzen kann», sagte Sommaruga im November 2013 – und liess sogleich eine Studie erstellen, die mögliche staatliche Eingriffe benennt. Dazu gehören die Pflicht für Unternehmen, Lohngleichheit regelmässig zu prüfen und Bericht zu erstatten, behördliche Stichproben, Empfehlungen, etwa über Lohnnachzahlungen – ja sogar Sanktionen, falls Firmen ihrer Pflicht nicht nachkommen. Der Bundesrat dürfte noch dieses Jahr entscheiden, wie er in dieser Sache fortzufahren gedenkt.

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