Ein Stundenlohn von Fr. 21.40 brutto, Ferien inklusive ab 2026 – das ist das neuste Verhandlungsergebnis der Sozialpartner in der Reinigungsbranche. Es ist ein tiefer Lohn, aber er ist rund 34 Prozent höher als 2004. Das ist eine viel bessere Lohnentwicklung als in manch anderer Branche.
«Der GAV für die Reinigungsbranche ist ein absoluter Erfolg», sagt Jürg Brechbühl. Er ist Präsident von Allpura, dem Verband der grossen Reinigungsunternehmen. Brechbühl war über Jahre in leitender Funktion bei einem der grössten Reinigungsunternehmen der Schweiz.
Wir haben erkannt, dass es nur gemeinsam geht.
Die grossen waren es auch, die sich über Jahre für einen statt wie bisher sechs Gesamtarbeitsverträge in der Deutschschweiz eingesetzt haben.
Sie mussten Firmen für den Verband gewinnen, eine Geschäftsstelle aufbauen und sich mit den Gewerkschaften finden, sagt Brechbühl: «Wir haben erkannt, dass es nur gemeinsam geht. Zu Beginn gab es zwar einige Streiks und wir haben uns gestritten. Aber dann haben wir uns gefunden.»
Gewerkschaft lobt Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit funktioniere, bestätigt die Gewerkschaft Unia. «Man konnte mit gesundem Menschenverstand vorgehen», sagt Rita Schiavi. Sie hat über viele Jahre mit Brechbühl verhandelt.
Im Grundsatz wollten beide Parteien dasselbe: Bessere Arbeitsbedingungen, an die sich die gesamte Branche halten muss, um so Dumpinglöhne zu verhindern. «Die Arbeitgeber haben selber ein Interesse an Kontrollen», sagt Schiavi.
Mit der Einführung der Personenfreizügigkeit 2002 wurde die Tieflohnkonkurrenz aus dem nahen Ausland zunehmend zum Thema, sagt die Gewerkschafterin. Damit sei das Interesse der Arbeitgeber an Mindestlöhnen, die für alle gelten, gestiegen. Dazu brauchte es den Gesamtarbeitsvertrag und den Bundesrat, der das Regelwerk als «für alle gültig» erklärt.
Im letzten Jahr sind rund 400 Betriebe kontrolliert worden und rund die Hälfte davon wurde bemängelt. Dass die Regeln für alle gelten, sei entscheidend, sagt Brechbühl: «Kleinunternehmer, die in einer Nische oder Region stark sind, müssen die Regelungen gegenüber ihren Mitarbeitern einhalten. Das ist enorm wichtig.»
Denn die schwarzen Schafe würden dem Ansehen der Branche schaden. Das mache es auch schwieriger der Kundschaft zu erklären, dass Reinigung etwas kosten dürfe. Sich mit den Gewerkschaften auf höhere Löhne zu einigen, sei einfach, aber: «Die Schwierigkeit ist, Kunden zu finden, die unsere Leistung bezahlen. Es herrscht die Vorstellung vor, dass Reinigung nichts kosten sollte.»
Ein weiteres Problem seien die sehr kleinen Pensen, sagt die Gewerkschafterin Schiavi. Sie wünscht sich grössere Pensen, die ein ausreichendes Einkommen erlauben. «Und dafür müsste man während des Tages reinigen können.» Das würde auch Brechbühl begrüssen, aber diese Tagesreinigung sei in der Schweiz nicht gern gesehen.
Anders als zum Beispiel in der Baubranche sind sich die Sozialpartner also weitgehend einig. Die wichtigste Voraussetzung für die Branchenregeln war, dass sich die Arbeitgeber und die Gewerkschaften überhaupt branchenweit organisiert haben. Das fehlt zum Beispiel im Sicherheitsgewerbe oder auch im Detailhandel.
Die Reinigung ist aber auch eine Branche, in der immer wieder neue Betriebe entstehen und die Konkurrenz aus dem nahen Ausland gross ist – umso wichtiger sind allgemeingültige Regeln.