Der Schaden ist bereits angerichtet: Präzisionswerkzeuge, Verpackungsmaschinen, Autoteile oder Umwelttechnik: All das und noch viel mehr stellt die Schweizer Tech-Industrie her. Einen Grossteil davon verkauft sie im Ausland. Die USA sind nach der EU der zweitwichtigste Absatzmarkt. Entsprechend hart haben Donald Trumps 39-Prozent-Zölle seit August die Branche getroffen, wie die Beschäftigungszahlen zeigen. Bereits gingen rund 7000 Stellen verloren in der Branche, ein Minus von über zwei Prozent. Die Absichtserklärung zur Senkung der US-Zölle auf 15 Prozent von Mitte November hellt die Aussichten zwar auf. Deswegen von einer positiven Trendwende in der Tech-Industrie zu sprechen, wäre aber voreilig.
Zollhammer nicht das einzige Problem: Die Lage war bereits ohne Trumps Zollhammer schwierig, nur schon wegen der Frankenstärke. Besonders der Dollar verlor seit Trums Amtsantritt im Vergleich zum Franken massiv an Wert, was hiesige Hightech-Produkte für die US-Kundschaft merklich verteuerte. Trumps 39-Prozent-Zölle waren dann aber für die Tech-Firmen vor allem darum schlimm, weil die Konkurrenz aus der EU und Japan mit lediglich 15 Prozent US-Zoll deutlich besser dastand. Wenigstens diese Ungleichbehandlung fällt nun weg.
Vorsichtiges Aufatmen: Die Gefahr, dass die US-Kundschaft massenweise abspringt, ist gebannt. Ein Beispiel ist der Hersteller von Bohr- und Fräswerkzeugen Fraisa im solothurnischen Bellach. Firmenchef Thomas Nägelin sagt, er habe seinen US-Kunden die höheren Zollkosten weitergeben können – zumindest vorübergehend. «Die Kunden sind uns treu geblieben, haben diese Veränderung im Preis akzeptiert.» Das habe allerdings auch damit zu tun, dass die Abnehmer – also US-Firmen – die Fraisa-Produkte in ihre industriellen Prozesse eingebaut hätten. Wären die Zölle noch über längere Zeit bei 39 Prozent geblieben, dann wäre es wohl zu deutlichen Umsatzeinbussen gekommen, gibt Nägelin zu Bedenken.
Keine Entwarnung: Glück im Unglück hatte bislang auch die Firma Falu im zürcherischen Rüti. Sie stellt Maschinen für die Produktion und Verpackung von Wattestäbchen her. Der grösste Kunde sitzt in den USA. Dieser ist dem Maschinenbauer ebenfalls treu geblieben. Nun erwägt der amerikanische Grosskunde sogar, auf neue, noch effizientere Maschinen von Falu umzustellen. Doch Falu-Chef Guy Petignat betont: «Ich habe Kollegen in der Branche, die sind nicht in der gleich komfortablen Lage.» Zudem sei derzeit generell die Nachfrage flau für Investitionsgüter, wie sie neben Falu viele andere KMU der MEM-Branche herstellten.
Die globale Unsicherheit bleibt: Auch wenn die US-Zölle auf Schweizer Exporte von 39 auf 15 Prozent sinken, so haben die Tech-Firmen dennoch weiterzukämpfen. Der Dollar dürfte schwach bleiben, was die Schweizer Hightech-Produkte aus Sicht der amerikanischen Kundschaft kostspielig macht. Die Nachfrageschwäche in Europa – namentlich diejenige der deutschen Autoindustrie – ist für die Schweizer Zuliefererfirmen wohl ebenfalls nicht ausgestanden. Vor allem aber ist ungewiss, wie lange die neuen Zollsätze, wenn sie denn erst mal in die Praxis umgesetzt sind, gelten. «Die Verlässlichkeit der US-Zollpolitik ist nicht gegeben», sagt Swissmem-Vizedirektor Jean-Philippe Kohl. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass in der Tech-Industrie bislang der grosse Jubel ausblieb über die Zolleinigung.