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50+ und auf Jobsuche - ein verlorenes Rennen?
Aus Forum vom 02.05.2019. Bild: keystone
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Langzeitarbeitslosigkeit Ältere Arbeitnehmende auf Jobsuche – chancenlos?

Ältere Arbeitnehmer werden nicht häufiger arbeitslos als andere. Aber wenn über 50-Jährige es mal sind, dauert die Suche bedeutend länger. Die finanziellen Folgen einer Langzeitarbeitslosigkeit, einige Jahre vor der regulären Pensionierung, sind fatal. Es droht die Altersarmut.

Zur Diskussion

  • Die Arbeitslosenquote der über 50-Jährigen ist nicht höher als die der jüngeren Generation.
  • Aber die über 50-Jährigen sind 1,5 Mal länger auf Arbeitsuche und häufiger von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen als die jüngere Generation.
  • Knapp 55'000 Personen zwischen 50 und 65 Jahren bezogen in der Schweiz 2017 Sozialhilfe. Laut Bundesamt für Statistik ist die Sozialhilfequote in dieser Altersgruppe seit 2011 um 28 Prozent gestiegen. Über alle Altergruppen stieg die Quote um lediglich 10 Prozent.

Wer Jahrgang 1964 oder früher hat, gehört zur Babyboomergeneration. Die geburtenstarken Jahrgänge sind nun in den letzten Jahren ihrer Erwerbstätigkeit. Aber nicht alle.

M.* hat es unvorbereitet getroffen. Er, der bei der Öffentlichen Hand beste Qualifikationen erhielt, wurde nach Umstrukturierungen auf die Strasse gestellt. Eine Aussenvermittlung war erst erfolgreich, dann kam es auch da zur Entlassung wegen Strukturanpassungen. Nun ist er ausgesteuert. Und bezieht Sozialhilfe. M. ist 59 Jahre alt.

Job dank Fachkräftemangel? Nicht für Ältere

Auch H., heute 56 Jahre alt, ist ausgesteuert. Die Fachfrau für Krankenkassenfragen will aber unter allen Umständen die Sozialhilfe umgehen. Sie müsste ihr Vermögen auf 4000 Franken herunterfahren. Das heisst: Alles verkaufen, was sie besitzt. Inklusive Häuschen. Heute arbeitet H. stundenweise unter prekären Arbeitsbedingungen. «Der vielbeschworene Fachkräftemangel hilft uns gut Ausgebildeten kein bisschen.»

Absage reiht sich an Absage

«Mal bin ich über-, dann unterqualifiziert», sagt Hans Rüdlinger, 61, Verkaufsberater Investitionsgüter. Seit Januar 2019 ist er ausgesteuert. Eine Personalverantwortliche hat ihm einmal Folgendes gesagt: «Sie brauchen mit 60 Jahren sicher ein Jahr, bis Sie den Betrieb, das Produkt und die Kunden kennen. Und mit 63 wollen Sie sich dann frühpensionieren lassen.» Es lohne sich nicht, ihn einzustellen. Auf Hans Rüdlingers Einwand, dass Junge zum Teil auch nicht länger im Betrieb blieben als zwei Jahre, kam die Antwort prompt: «Ja, aber die kosten auch bloss die Hälfte.»

Weiterbildung und Lohnvorstellungen überdenken

Fragt man auf der Arbeitgeberseite und bei den Arbeitsmarktbehörden nach, sind die Einschätzungen nicht so düster wie die der Betroffenen. Zudem sei jede Geschichte wieder anders. Auch gut ausgebildete Fachkräfte hätten Weiterbildungsbedarf. Auch müsse man realistisch sein und die Lohnvorstellungen nach unten korrigieren.

(*Namen sind der SRF1-Redaktion bekannt.)

  • Sind ältere Jobsuchende auf dem Arbeitsmarkt noch gefragt?
  • Welche Ideen gibt es, um die finanziellen Folgen einer Altersarbeitslosigkeit zu mindern?

In der Sendung «Forum» diskutierten am Donnerstag, 2. Mai 2019 Hörerinnen und Hörer mit Gästen im Studio. Lesen Sie die Diskussion hier nach.

Die Gäste im «Forum»

  • Ines Schröder Helm - Theologin und Sozialdiakonin

    Sie arbeitet 45%. Sie möchte aufstocken auf 80%. Seit 2 Jahren sucht sie eine Stelle, erhält aber nur Absagen.

  • Heidi Joos - Geschäftsführerin Avenir50plus Schweiz

    Sie arbeitet ehrenamtlich bei der Beratungsstelle 50 plus. Diese gründete sie 2012 aus eigener Betroffenheit.

  • Hans Rüdlinger - Verkaufsberater Investitionsgüter

    Er ist seit 2019 ausgesteuert.

  • Walter Abderhalden - Leiter Arbeitslosenversicherung Kanton St. Gallen.

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