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Games «Dishonored 2»: Schleichen mit Emily

Die junge Kaiserin Emily kämpft sich auf ihren Thron zurück. Das Schleichspiel bietet enorm kreatives Gameplay, einen unglaublich schönen Schauplatz und tolle Figuren – eines der besten Einzelspieler-Actiongames des Jahres.

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Der Game-Tipp zu «Dishonored 2» (SRF 3)
03:56 min
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 56 Sekunden.

Das erste «Dishonored» mochte ich sehr. Es setzte «uns auf eine Bühne, vor eine wunderbar gemalte Kulisse» und vertraute uns, «dass wir Verantwortung für unsere Figur übernehmen.» Die zweite Version ist noch grossartiger.

Wir schleichen nicht mehr für, sondern mit Emily. Sie, die wir im ersten Teil mit dem in Ungnade gefallenen Leibwächter Corvo beschützt haben, ist jetzt erwachsen. Corvo, der Emilys Vater ist und deren Mutter die Kaiserin nicht beschützen konnte, hat Emily ausgebildet und vorbereitet. Jetzt ist die junge Frau bereit, ihren Platz auf dem Thron von Dunwall zurückzuerobern.

Auswählen, wen wir als Hauptfigur möchten.
Legende: Mit Corvo oder Emily spielen? Wir empfehlen Emily für den ersten Durchgang. Screenshot SRF

Der wird ihr nämlich zu Beginn dieses zweiten Teils entrissen. Die im ersten Teil ermordete Kaiserin hatte eine Schwester. Und diese Tante Delilah reklamiert nun den Thron für sich. Mit Gewalt und dunkler Magie.

Wir wählen aus, ob wir wieder mit Corvo spielen wollen – oder stattdessen auf die junge Emily setzen. Die Wahl verändert natürlich den Blick auf die Geschichte leicht. Vor allem aber haben Corvo und Emily unterschiedliche Fähigkeiten, dazu unten mehr. Denn zunächst muss ich vom wunderschönen Look dieses Games schwärmen.

Wunderschön verdreckt

Wie «Thief», «The Order: 1886» oder «Bioshock Infinite» ist auch «Dishonored» in einer Epoche kurz nach der Industrialisierung angesiedelt. Elektrizität, fossile Brennstoffe, Fabriken sind noch neu; vorindustrielle Konstrukte wie Adel oder Kreuzritter treffen auf Klassenkampf. «Dishonored» mischt noch Walfang und damit eine Schiffsladung «Moby Dick»-Bezüge dazu. Und zeichnet diese Welt jenseits des Fotorealismus, in einem Stil, der eher an Gemälde von William Turner oder Édouard Manet erinnert.

Ein vermodernder Walkadaver im Hafen von Karnaca.
Legende: Geschlossene Kühlketten? Scheint da nicht üblich zu sein. Screenshot SRF

Der Schauplatz der zweiten Ausgabe ist nicht mehr Dunwall, sondern Karnaca. Das «Juwel des Südes» ist nicht ganz so düster wie das von Walöl-Lampen nur dürftig erleuchtete Dunwall. Und über die Stadt verteilte Windräder deuten an, dass Karnaca zumindest versucht, seine Umwelt nicht ganz so übel zu verpesten wie die Hauptstadt im Norden.

Doch weil die Silberminen die Quelle des Reichtums sind, legen regelmässige Staubstürme einen feinen Film Dreck über die ganze Stadt. Die Gasse zum Hafen ist gesäumt von unzähligen Fischverkäufern. In einem Kanal sammeln sich das Blut und die Gedärme ihrer Ware. Wir können den Gestank toter Fische förmlich riechen.

Und deshalb mag ich die Kulisse von «Dishonored 2» ganz besonders. Weil nicht das schon etwas ausgelutschte Klischee des Steampunk wiederholt wird, mit ziseliertem und blitzblank polierten Kupfer. Karnaca ist stattdessen verdreckt und vermodert. Das passt visuell viel besser zu den enormen Spannungen in dieser soeben industrialisierten Gesellschaft.

Nicht eine, nicht zwei, gleich drei tolle Frauenfiguren

Auch die Geschichte gefällt mir sehr, da will ich aber nicht zu viel verraten. Hervorheben möchte ich lediglich, dass wir nicht nur eine, sondern gleich mehrere grossartige Frauenfiguren erleben. Hauptfigur Emily Kaldwin, die Antagonistin Delilah oder auch Kapitänin und Vertraute Meagan Foster (übrigens mit der Stimme von Rosario Dawson) haben allesamt äusserst vielschichtige Motivationen, Hintergründe und Ziele. Auch Nebenfiguren oder gewöhnliche Gegner sind schön durchmischt – das ist das moderne Game-Design, das wir schon so lange fordern.

Mit Schultern, die wie Feuer und erstarrte Lava aussehen.
Legende: Die böse Tante Delilah trägt einen spektakulären Einteiler. Screenshot SRF

Das Beste an «Dishonored 2» ist jedoch das unglaublich kreative Gameplay. Im Herzen noch immer ein Schleichspiel, gibt es uns statt vieler Waffen spezielle magische Kräfte. Mit «Blink» kann sich Corvo an einen Ort in der Nähe oder Höhe teleportieren. Emily kann das mit «Far Reach» ebenfalls, oder gleich Gegenstände und Gegner zu sich herholen. Corvo kann die Zeit verlangsam. Emily kann mit «Doppelgänger» eine selbst handelnde Kopie von sich erzeugen oder mit «Domino» mehrere Gegner verbinden – was sie einem antut, widerfährt auch den anderen Verbundenen.

Enorm kreatives Gameplay

Zum Beispiel: Emily erzeugt ihre Doppelgängerin. Sie verbindet sie per «Domino» mit zwei Wachen. Dann haftet sie eine Mine an den Rücken der Doppelgängerin und springt mit «Far Reach» in Sicherheit. Wenn die Mine explodiert, opfert sie nicht nur den Doppelgänger, sondern erledigt auch die zwei Wachen.

Später in der Geschichte erhält Emily ausserdem noch ein Gerät, das sie zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin- und herspringen lässt. Sie kann zum Beispiel ein von einer umgefallenen Statue versperrten Durchgang freimachen, indem sie in der Vergangenheit die Statue zerstört, worauf sie in der Gegenwart verschwindet. Gewissermassen als vierdimensionales Rätseln, eine grossartige Idee.

Aufgeräumt, aber niemanden getötet.
Legende: Am Schluss eines Kapitels wird unsere Leistung bewertet. Je sanfter wir vorgehen, desto optimistischer verläuft die Geschichte. Screenshot SRF

Im Gegensatz zu Spielen wie «Deus Ex» macht «Dishonored 2» auch nicht den Fehler, die meisten coolen Fähigkeiten erst spät im Spiel freizuschalten. Wir erhalten sie stattdessen früh – und sind dann gefordert, uns immer wieder neue Anwendungsvarianten auszudenken. Und weil eben nicht nur die Fähigkeiten, sondern auch die Schauplätze grossartig designt sind, lässt «Dishonored 2» eine Spannweite von Problemlösungen zu, die ihresgleichen sucht.

Einige PC-Gamer scheinen Probleme zu haben (schlechte Frame-Rates, Abstürze). Ich nicht, ich hatte keinen einzigen Absturz (ausser in unserem «Let’s Play»-Stream am Montag, was aber mit dem Streaming zusammenhing, nicht mit dem Game).

Schwächen kann ich deshalb keine erkennen. Enorm kreatives Gameplay, ein unglaublich schöner Schauplatz und tolle Figuren – für Einzelspieler ist «Dishonored 2» eines der besten Actiongames des Jahres.

«Dishonored 2» ist für Playstation 4, Xbox One und Windows PC. Es ist ab 18.

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