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Digital «Moore's Law»: Unsere Bedürfnisse hinken der Technik hinterher

Moore's Gesetz von der rasanten Steigerung der Rechnerleistung hat dazu beigetragen, dass für uns technische Geräte nur noch Lebensabschnittspartner für kurze Zeit sind. Wir kaufen immer schneller Neues – im Glauben, dass Fortschritt auch unsere Lebensqualität steigert. Doch die hinkt oft hinterher.

Moore's Law sagt: Etwa alle zwei Jahre verdoppelt sich die Leistung eines Computers. Wieso eigentlich? Eine Erklärung hat Stefan Selke von der Hochschule Furtwangen. Ein Grund für die ungewöhnliche Dynamik des technologischen Fortschritts sei die «doppelte Kontingenz».

Damit bezeichnet der Technologie-Soziologe eine «Erwartungs-Erwartung»: A erwartet etwas von B – und B erwartet, das A dies erwartet. Oder auf Moore's Law bezogen: Die Kunden gehen davon aus, dass Computer immer leistungsfähiger werden und die Hersteller erwarten, dass die Kunden das erwarten.

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Mathias Binswanger: «Wir schaffen's tatsächlich immer noch, weitere Bedürfnisse zu schaffen- das ist das eigentliche heutige Wirtschaftwunder.»
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Daraus erklärt Selke die selbstantreibende Dynamik von Moore’s Law. Dieses habe natürlich einen selbstbezüglichen Charakter und schaffe so Märkte – und Bedürfnisse.

Entwickeln, dann Bedürfnisse wecken

Technologisch mag Moore's Law noch einige Jahre weiter funktionieren. Doch bei unseren Bedürfnissen sei das «Gesetz» eigentlich schon heute an seine Grenzen gestossen, meint Volkswirtschaftler Mathias Binswanger (Interview) von der Fachhochschule Nordwestschweiz.

«Ich stelle fest, dass früher Produkte hergestellt wurden um bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen», sagt Binswanger, «heute ist es so, dass der technische Fortschritt so schnell ist, dass die Bedürfnisse damit gar nicht Schritt halten können.» Deshalb gehe ein grosser Teil der Anstrengungen der Produzenten dahin, ständig neue Bedürfnisse der Konsumenten zu wecken, so dass man diesen technischen Fortschritt dann zu verkaufsfähigen Produkten machen kann.

Glaube an endloses Wachstum

Wirtschaftlich betrachtet findet Mathias Binswanger den Mechanismus in Ordnung: Wir kaufen schneller neue Produkte, das steigert den Umsatz und erzeugt Wachstum. Doch aus einer anderen Perspektive stellt Binswanger das Prinzip in Frage.

«Wir werden abgelenkt durch immer neuen technischen Fortschritt», sagt der Fachmann, «das hilft uns aber nicht wirklich, ein besseres glücklicheres Leben zu führen. Wir arbeiten immer mehr und lassen uns stressen für einen Fortschritt, der uns am Ende gar nicht viel bringt für ein zufriedeneres Leben.»

Schlussendlich feuere Moore's Law unser Streben nach Wachstum nicht nur im technologischen Bereich an, erklärt Binswanger. So könne man unseren Optimismus erklären, dass wir immer bessere technische Lösungen finden werden – und dass das Wachstum ständig weitergeht.

Weiterlesen: 50 Jahre «Moore's Law»: Noch schneller, kleiner, billiger!

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