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Alois Gutzwiler erzählt aus seinem langen Leben
Aus Lebensgeschichten vom 20.04.2015. Bild: SRF
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Lebensgeschichte Alois Gutzwiler und die Folgen der Weltwirtschaftskrise

Alois Gutzwilers Lebenserinnerungen umfassen mehr als zehn Jahrzehnte. Erzählt der 102-Jährige aus seinem langen Leben, spricht er hauptsächlich über Berufliches. Als kostbares Zeitdokument gibt seine «Lebensgeschichte» Einblick in die wirtschaftliche Situation in der Schweiz ab den 1930er-Jahren.

Alois Gutzwiler wächst als jüngstes von fünf Geschwistern in Dittingen BL auf. Sein Vater ist Steinhauer und betreibt nebenbei einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb. «Wir waren nicht auf Rosen gebettet», sagt Alois Gutzwiler. «Für Steinhauer-Arbeiten musste mein Vater manchmal bis nach Dornach reisen». Deshalb habe seine Mutter hauptsächlich zu Haus und Hof geschaut.

Karge Berufschancen während der Wirtschaftskrise

Als Jugendliche bekommen Alois Gutzwiler und seine Geschwister die Folgen der Weltwirtschaftskrise am eigenen Leib zu spüren. Der älteste Bruder kann noch den Beruf des Zimmermanns erlernen. Der zweitälteste muss sich seinen Lohn auf der Baustelle verdienen und wird in den 1930er-Jahren immer wieder arbeitslos. Die Schwester findet Arbeit als Haustochter bei einer Geometer-Familie, was ihrem zweitjüngsten Bruder die Möglichkeit schenkt, als Gehilfe bei Feldvermessungen etwas Geld zu verdienen.

Damals war es Mode, das 9. Schuljahr im Welschland zu verbringen.

Schuldenabbau dank unentgeltlicher Arbeit

Das letzte Schuljahr verbringt Alois Gutzwiler inm jurassischen Vicques. Er ist bei einer sechs-köpfigen Familie untergebracht, besucht den französisch-sprachigen Unterricht und kümmert sich nebenbei um das Vieh auf dem Hof. Da die Gastmutter aus der Deutschweiz stammt, wird in der Familie meistens deutsch gesprochen. Ohne Schule hätte der junge Basler während seines Welschlandjahrs kaum Französisch gelernt.

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Alois Gutzwiler über sein Welschlandjahr
aus Lebensgeschichten vom 20.04.2015. Bild: SRF
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Zurück in seiner Deutschweizer Heimat arbeitet Alois Gutzwiler zuerst bei einer Baufirma. Dort arbeitet er für seine Familie die Schulden ab, die wegen der Renovation des eigenen Hauses entstanden sind. Es folgen verschiedene Gelegenheitsjobs, dann ruft die Militärpflicht.

Feste Anstellung in der Fabrik

1935 geht für Alois Gutzwiler ein Berufswunsch in Erfüllung: Er bekommt eine Stelle in der Papierfabrik in Laufen. Er muss Eisenbahnwaggons entladen, die bis zu 20 Tonnen Material enthalten. In der Fabrik selber arbeitet er nur ab und zu als Vertretung bei Ferienabwesenheiten oder krankheitsbedingter Ausfälle. Sieben Jahre später erfolgt die Versetzung an den sogenannten Querschneider in der Fabrik.

Alois Gutzwiler arbeitet bis kurz vor seiner Pensionierung in der Papierfabrik. 1978 wird ihm und der gesamten Belegschaft aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt. Lohn gibt es noch für zwei Wochen Arbeit, danach ist Schluss mit Einkommen, denn keiner der Angestellten erhält eine Entschädigung.

Ich weiss was du bis Alois, wir zwei machen jetzt Duzies.
Autor: Gutzwilers ehemaliger Chef

Glücklicherweise findet Alois Gutzwiler für die Zeit bis zum Erreichen des Rentenalters noch eine Stelle bei der Schubert AG. Diese letzte Arbeitsstelle hat der heute 102-Jährige noch immer in guter Erinnerung, vor allem wegen seines Vorgesetzten. Dieser bot ihm das Du an: «Ich weiss was du bis Alois, wir zwei machen jetzt Duzies».

Mit Alois Gutzwiler auf Du und Du war es diesem Chef vor zwei Jahren ein besonderes Anliegen, seinem früheren Angestellten zu dessen 100. Geburtstag persönlich zu gratulieren. Diese Wertschätzung als Dank für ein arbeitssames Leben hat den Rentner besonders gefreut.

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Alois Gutzwiler übers Singen als liebstes Hobby
aus Lebensgeschichten vom 20.04.2015. Bild: SRF
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Alois Gutzwiler – der leidenschaftliche Sänger

Angesprochen auf seine Freizeitaktivitäten erzählt der Rentner nicht ohne Stolz, dass er schon immer gut singen konnte. Seine Gesangskünste blieben auch dem Kirchenchor nicht verborgen. Nach seinem Welschlandjahr wird er als jüngstes Mitglied in den Kirchenchor aufgenommen.

40 Jahre lang bereichert er den Kirchenchor mit seiner Stimme. Noch länger, 78 Jahre, ist der leidenschaftliche Sänger aktives Mitglied im Männerchor. Für sein geliebtes Hobby war ihm keine Mühe zu gross. Trotz seiner Nachtschichten in der Fabrik liess Alois Gutzwiler keine Chorprobe aus.

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