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Rehmann Daniel (35) hat den Schmerz in die Schranken gewiesen

Stell dir vor – du hast eine Alarmanlage, die jede Nacht ohne Grund losheult. Daniel erlebt genau das Tag für Tag mit seinem Körper. Der chronische Schmerzpatient hat gelernt, das Leben trotz seinem unerklärlichen Leiden zu geniessen.

Daniels grösster Feind, der Schmerz, hat sich schleichend in seinem Körper eingenistet. Den ersten Kontakt mit ihm hatte er während eines Praktikums als Wirtschaftsinformatiker – eine typische Büroarbeit am Computer. Es begann als Ziehen im Handgelenk, das sich Richtung Ellbogen ausdehnte, immer stärker wurde und ihn schliesslich dazu zwang, den Job an den Nagel zu hängen.

Zuerst hielt Daniel das Leiden für eine typische Überbelastung, verursacht durch seine Arbeit mit Maus und Tastatur. Doch seine Schmerzen wurden chronisch, liessen ihn nicht mehr los – auch bei der geringsten Beanspruchung.

Ein harter Schlag für Daniel – nicht zuletzt wegen der Reaktion seiner Mitmenschen.

Sobald die Schmerzen chronisch werden und du sie nicht mehr wegbringst, werden die Leute skeptisch. Ich hatte auch selber Vorurteile, muss ich im Nachhinein zugeben. Ich dachte, wer längerfristig leidet, gibt sich wenig Mühe oder wird nicht richtig behandelt.

Die Schleusen sind offen

Der Schmerz an sich ist ein zentrales Warnsystem unseres Körpers. Er weist uns darauf hin, wenn wir uns verletzt haben oder wenn sich eine Krankheit breit macht.

Damit wir nicht bei jeder Berührung und jedem harten Schritt aufschreien, hat unser Gehirn Mechanismen eingebaut, welche diese Impulse bei alltäglichen Ereignissen unterdrücken. Bei Schmerzpatienten wie Daniel fehlt aber genau diese Schranke.

Bei chronischen Schmerzen geht die Hemmschwelle zurück. Die Schmerzsignale strömen ungefiltert durch, wie ein Fluss durch einen offenen Staudamm.

S.O.S. – Sick of Silence

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Wie sieht das Leben junger Menschen aus, nachdem es durch eine chronische Krankheit ausgebremst wurde? Robin Rehmann leidet selbst an einer chronischen Krankheit und unterhält sich in seiner Sendung mit Betroffenen.

Jeden Dienstag, 18-19 Uhr bei SRF Virus oder hier als Podcast.

Und so wird aus der wichtigen Alarmanlage eine permanente Belastung.

Behandeln – aber wie?

Daniel hat viel versucht, um seine Schmerzen zu reduzieren – um die Belastung seiner Gelenke zu verringern, hat er eine Vielzahl von Tastaturen und Mäusen durchprobiert, war bei über 20 Ärzten, hat an seiner Ernährung geschraubt und Therapien durchgeführt. Doch etwas zu behandeln, wofür es keinen klaren Auslöser gibt, ist eine schier unlösbare Aufgabe.

Dazu kam – je länger sich seine Krankheitsgeschichte zog, desto stärker wurde sie mit seiner Person verbunden.

Wenn meine Eltern oder meine Freunde angerufen haben, waren die Schmerzen immer das erste Thema. Das ist nett gemeint, aber du wirst noch stärker reduziert auf dein Problem.

Die wichtigste Therapie, die Daniel entdeckt hat und auch heute noch intensiv betreibt, ist der Sport. Das hat mehrere Gründe: trainierte Muskeln schmerzen weniger, der Sport schüttet Glückshormone aus und das Training verbessert die Haltung. Ohne sein Bewegungsprogramm verstärken sich Daniels Schmerzen sofort.

«Schmerzfreiheit brauche ich nicht»

Daniels Geduld und sein andauernder Kampf haben sich ausgezahlt – heute hat er seine Schmerzen im Griff. Auch wenn er sie noch nicht komplett aus seinem Leben vertreiben konnte, fühlt er sich heute um einiges besser.

Durch den Schmerz hat Daniel gelernt, sein Leben langsamer anzugehen und systematisch Pausen einzuplanen. Beim Arbeiten zum Beispiel trinkt er nach 50 Minuten ein Glas Wasser oder streichelt seine Katzen. Stress vermeidet er – denn auf ihn folgt sofort wieder der Schmerz. Und schliesslich hat Daniel auch gelernt, seine Krankheit zu akzeptieren.

Du musst probieren, dich mit dem Gedanken anzufreunden, dass die Schmerzen vielleicht genau so bleiben werden. Du musst probieren, dir langsam ein Leben aufzubauen, mit dem du trotzdem happy bist.

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