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Bei der Ernte von Schwämmen in Sanisbar
Aus DOK vom 12.06.2016.
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SRF DOK Abenteurer und Macher – damit die Welt eine bessere wird

Connie Sacchi und Christian Vaterlaus hatten keine Ahnung von Meeresbiologie oder Entwicklungshilfe. Heute leben sie auf Sansibar, züchten Schwämme und sichern so Einheimischen ein Einkommen. Autorin Anna Gossenreiter lernte die beiden bei einem Abendessen bei Freunden kennen und war beeindruckt.

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Anna Gossenreiter ist Journalistin und Historikerin. Sie arbeitet seit über 20 Jahren für SRF. Ihre Leidenschaft gehört spannenden Menschen und Reportagen.

Als die beiden Schweizer Connie Sacchi und Christian Vaterlaus auf ihren Reisen auf Sansibar mit der Armut der Einheimischen konfrontiert wurden, wollten sie etwas dagegen tun. Die Fischbestände auf der Insel waren stark zurückgegangen und die Fischer griffen zu immer drastischeren Mitteln: Lange Netze mit zu kleinen Maschen, Dynamit, ja sogar Gift werden eingesetzt, um die schwindenden Erträge zu kompensieren.

Weil in Sansibar im grossen Stil Seegras für die Kosmetik- und Lebensmittelindustrie angebaut wird, kamen sie auf die Idee, ebenfalls im Meer etwas anzubauen. Es sollte nachhaltig sein, nicht viele Investitionen brauchen, und den Menschen ein faires Einkommen ermöglichen. So kamen Sacchi und Vaterlaus schliesslich auf die Schwämme. Die beiden gründeten mit Freunden den Verein «Marinecultures», Spenden ermöglichten den Aufbau des Projekts.

Connie Sacchi  freut sich darüber, mit den Einheimischen etwas aufbauen zu können
Legende: Connie Sacchi freut sich darüber, mit den Einheimischen etwas aufbauen zu können SRF

Bewegtes Leben

Mich fasziniert ihre Arbeit und ihr grosser Einsatz. Und dabei sind sie nicht einmal Meeresbiologen: Connie Sacchi ist Maskenbildnerin beim Film, Christian Vaterlaus war vieles in seinem Leben – früher ein bekannter Exponent der Achtziger Bewegung, später Kinobetreiber des Alternativkinos Xenix, Unternehmer, Reiseleiter, Unternehmensberater. Mittlerweile lebt Chrigel Vaterlaus ganzjährig in Sansibar, einmal im Jahr fliegt er nach Zürich, um Gönner und Sponsoren zu treffen. Connie Sacchi arbeitet immer noch sechs Monate in der Schweiz, denn von ihren Projekten können die Meeresgärtner längst noch nicht leben. Da die Geldmittel des Vereins sehr beschränkt sind verdient Chrigel bei «Marinecultures» einen Lohn von 1750 Franken pro Monat – vorher lebte er von dem, was er früher verdient bzw. gespart hatte.

Christian Vaterlaus ist Abenteurer und Macher
Legende: Christian Vaterlaus ist Abenteurer und Macher SRF

Engagement für die Frauen

Das Meiste war learning-by-doing – zusammen mit den Schwammfarmerinnen und den lokalen Mitarbeitern haben sie sich alles erarbeitet. Die beiden Schweizer treten nicht als Experten auf, sie bestimmen nicht von oben herab, sondern alle lernen gemeinsam durch die Arbeit. Die Schwammzucht ist nachhaltig, denn die Schwämme sind ein nachwachsender Rohstoff und belasten die Umwelt nicht, sie filtern im Gegenteil Schadstoffe aus dem Wasser. Und die Schwammfarmerinnen profitieren in vielerlei Hinsicht, nicht nur finanziell. Sie lernen Dinge, die Frauen in dieser muslimischen Gesellschaft meist nicht können, zum Beispiel das Schwimmen, oder das Steuern eines Bootes. Dank des Einkommens aus den Schwammfarmen steigt ihr Ansehen im Dorf, sie sind finanziell unabhängig und gewinnen an Selbstbewusstsein.

Okala ist ein Öko-Aktivist aus Sansibar,  Verbündeter und lokaler Partner.
Legende: Verbündeter: Okala ist ein Ökoaktivist aus Sansibar und lokaler Partner SRF

Connie und Chrigel verstehen es, zu motivieren. Nicht ganz einfach in einem traditionellen Dorf, wo die meisten schlecht gebildet sind, wenig Eigeninitiative zeigen und Neuem gegenüber eher skeptisch sind. Beide sprechen Suaheli, und ein Glücksfall ist, dass sie mit dem Umweltaktivisten Mohamed Okala einen lokalen Partner gefunden haben, der im Dorf sehr gut vernetzt ist. Auch die Fischer werden einbezogen. Die beiden Fischerei-Komitees des Dorfes Jambiani setzen sich heute selber dafür ein, dass an manchen Orten nicht mehr gefischt wird, damit sich die Fischbestände erholen können.

Meeresgarten: Die Korallenzucht ähnelt Gemüse-Beeten
Legende: Meeresgarten: Die Korallenzucht ähnelt Gemüsebeeten SRF

Neu auch Korallenzucht

Vor einem Jahr hat «Marinecultures» auch angefangen, Korallen zu kultivieren. Denn Korallen wachsen schneller als Schwämme, sie bringen mehr Geld ein und der Markt für Korallen wächst stark. Viele Menschen wollen ein Aquarium zu Hause, vor allem in Asien. Für deren Ausstattung werden im Meer Korallen gewildert, abgebrochen und zerstört. Mit der nachhaltigen Zucht der Korallen fanden die Meeresgärtner eine Marktlücke und es sollen zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Noch ist die Korallenfarm in der Versuchsphase. Besonders der Versand der lebendigen Meeresorganismen ist eine Knacknuss, die «Marinecultures» noch lösen muss.

Oft haben wir darüber diskutiert, woher sie die Motivation nehmen, mit so viel Einsatz für eine Verbesserung der Lebensumstände in Jambiani zu kämpfen. Armut, Unbildung, Korruption und Umweltzerstörung sind allgegenwärtig, viele Probleme verschärfen sich mit dem stetigen Bevölkerungszuwachs. Manchmal würden auch sie zweifeln, sagt Connie, aber zum Glück nie gleichzeitig. Uns sie hält sich an den Gedanken: Wenn jeder Mensch etwas Kleines dazu beiträgt, damit die Welt ein bisschen besser wird, so wird am Schluss etwas Grosses daraus.

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