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Welt-Alzheimertag Das andere Gesicht der Krankheit

Alzheimer ist eine schlimme Erkrankung für Betroffene und für Angehörige. Filmautor Marc Wolfensberger erlebte Alzheimer-Patienten bei den Dreharbeiten zu seinem Dokfilm aber auch in unbeschwerten, glücklichen Momenten. Wie geht es den Betroffenen 4 Jahre später?

Zur Person

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Dokumentarfilmer Marc Wolfensberger (*1971 in Lausanne) studierte in St. Gallen Wirtschaft und Soziologie. Er arbeitete als Reporter in Zentralasien und im Kaukasus, 2008 gründete er seine eigene Filmproduktionsfirma.

Anlässlich des Welt-Alzheimertags zeigt SRF verschiedene Filme zum Thema. SRF DOK wiederholt den Film «Im Land des Vergessens» des Westschweizer Journalisten Marc Wolfensberger. Dieser hat den Schauplatz seines Films kürzlich wieder besucht.

Im August 2017 war ich noch einmal im Genfer Heim «Les Charmettes». Das ist eine der beiden Institutionen, in denen wir ab 2013 für den Film gedreht haben.

Heute gibt es dort neue Gebäude, mehr Raum und mehr Orte, wo sich Heimbewohner und Personal begegnen können. Zum Beispiel ein grosser Salon, in dem die Senioren Tee servieren und den Abwasch erledigen.

Die meisten sind gestorben

Von den meisten Menschen, die im Film gezeigt wurden, gibt es allerdings kaum noch Spuren. Es ist ja nun auch schon eine Weile her. Die meisten sind inzwischen gestorben.

Aber zwei habe ich nach längerem Suchen doch ausfindig gemacht: Die Dame, die im Film aus voller Kehle «Mexico» singt, und Madame Mermoud, die nach eigenen Angaben damals mit einem Mitbewohner verheiratet war. Beide Frauen sind noch recht aktiv, auch wenn die Krankheit Tag für Tag ihre zerstörerische Arbeit fortsetzt.

Die «Sängerin» hat mich mit den ernsten Worten begrüsst: «Ich werde sterben!» Sie sah meine Bestürzung, fing an zu lachen und erklärte: «Das hat mir gestern der liebe Gott gesagt.»

Musiktherapeutin in einem Altersheim
Legende: Musik soll die Erinnerung der Patienten zu aktivieren RTS

Liebe und Freundschaft im Heim

Madame Mermoud ist ihrem angeblichen Gatten «treu geblieben» – bis zu seinem Tod, sagt das Pflegepersonal. Sie habe ihn noch tagelang gesucht. Doch dann sei recht schnell eine Mitbewohnerin für sie entflammt und nun seien die zwei Frauen unzertrennlich. Sie laden sich gegenseitig ins Restaurant ein, gehen zusammen baden – wie gute, alte Freundinnen.

Die andere Seite von Alzheimer

Ich beobachtete sie und fand einmal mehr, dass Alzheimer tatsächlich etwas Verwirrendes hat. Ganz abgesehen von der Grausamkeit, die die Krankheit vor allem auch für die Angehörigen hat, ist da noch eine andere Seite, die «strahlender» ist, und die wir im Film zeigen wollten.

Dieses andere Gesicht ist in der Öffentlichkeit – leider – noch kaum bekannt. Denn es zeigt sich nur, wenn Begleitung und Betreuung der Betroffenen «tadellos» sind. Das war in den im Film gezeigten Institutionen grösstenteils der Fall. Aber solche Einrichtungen sind noch heute leider die Ausnahme.

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