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«Man muss sie einfach mit eigenen Augen sehen.»
Aus DOK vom 26.02.2017.
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SRF DOK Die geheimen Leidenschaften eines Meteorologen

Christoph Siegrist? Das ist der nette Meteo-Mann vom Dach. Seit vielen Jahren präsentiert er auf SRF gekonnt und zurückhaltend seine Prognosen. Doch Siegrist hat noch eine andere Leidenschaft. Seine grosse Liebe heisst Aurora, Aurora Borealis. Sie ist wunderschön und nennt sich auch Polarlicht.

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François Loriol (*1964) arbeitet seit 2000 fürs Schweizer Fernsehen. Er ist seit 10 Jahren Produzent und Redaktor beim Wissensmagazin «Einstein».

Das Polarlicht ist eine launische Diva. Mal taucht es auf, mal nicht. Wer dieses Naturphänomen beobachten will, braucht Glück – oder einen, der dem Glück etwas nachhelfen kann. SRF-Meteorologe Christoph Siegrist ist ein «Aurora Chaser», ein Polarlichtjäger. Seit vielen Jahren reist er jeden Winter mehrmals in den Norden, um das nächtliche Spektakel am Polarhimmel zu beobachten und zu fotografieren. «Die Schönheit und Magie von Polarlichtern zu beschreiben, ist unmöglich. Man muss es mit eigenen Augen sehen», prophezeite mir Siegrist schon in der Schweiz. Heute weiss ich, was er meinte.

Hotspot in Norwegen

Die Reise führte uns nach Tromsø, drei Breitengrade über dem Polarkreis. Es war natürlich kein Zufall, dass sich Siegrist für diesen Ort entschieden hatte. Denn neben Island und Finnisch-Lappland ist der Norden Norwegens ein absoluter Hotspot für Polarlichtjäger. Und dass wir in Tromsø tatsächlich schon in der ersten Nacht Polarlichter sahen, verdankten wir nicht Siegrists Wetterprognosen, sondern vor allem seinem Erfindergeist.

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«Berechnungen sind schwierig.»
Aus DOK vom 26.02.2017.
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Polarlicht-Alarm Marke Eigenbau

Christoph Siegrist würde gerne viel öfter in den Norden reisen. Weil er das aber nicht kann, hat er sich einen eigenen Polarlicht-Alarm gebaut. Dabei handelt es sich um ein von A bis Z selbst entwickeltes Kamerasystem, das ihn mit Daten und Bildern über die aktuelle Situation am nächtlichen Polarhimmel informiert. Beim jahrelangen Tüfteln an Soft- und Hardware gab es viele Rückschläge, aber heute funktioniert der Polarlicht-Alarm Marke Eigenbau prächtig. Wann und wo immer er will, kann er auf Handy und Computer abrufen, ob im hohen Norden Polarlichter zu sehen sind oder nicht.

Warten in der Wärme

Bereits neun dieser Kamera-Systeme hat der «Daniel Düsentrieb» unter den Fernsehmoderatoren gebaut und entlang des Polarlichtgürtels aufgestellt. Eines davon steht bei Tromsø, wo ich mich mit Polarlichtjäger Siegrist auf die Lauer legte. Dank seiner verrückten Erfindung konnten wir in der Wärme, statt in der norwegischen Kälte, auf das Spektakel hoffen. Mit dem Wetter, stellte Meteorologe Siegrist gleich mal klar, hätten Polarlichter nichts zu tun, ausser dass man sie bei bedeckten Himmel von der Erde aus nicht sehe.

Ein Geschenk der Sonne

Tatsächlich schickt die Sonne nicht nur Licht und Wärme zur Erde. Immer wieder schleudert sie auch elektrisch geladene Teilchen von sich. Diesen Teilchenfluss, der mit enormer Geschwindigkeit durchs All rast, nennen die Forscher Sonnenwind. Wenn diese Winde in die Nähe der Erde gelangen, werden die Teilchen vom Erd-Magnetfeld zu den Polen gelenkt. In der Atmosphäre stossen sie mit Sauerstoff- oder Stickstoffatomen zusammen und entladen sich. Der Himmel beginnt zu leuchten, es entsteht das Polarlicht.

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«Ich bin kein Moderator, ich bin Meteorologe.»
Aus DOK vom 26.02.2017.
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Einfach unfassbar schön

Der Alarm kam per SMS, der Bildbeweis per Klick aufs Handy. Und tatsächlich: Wie aus dem Nichts waren die Polarlichter da. Grün die meisten, manche auch nach oben in Rot und Lila auslaufend. Sie zogen wie gigantische Vorhänge über den Himmel und veränderten sich innert Sekunden zu neuen Formen und Bildern. Mal wirkten sie wie lodernde Flammen, mal wie wehende Fahnen, oder dann schraubten sie sich als mächtige Spiralen in die Höhe. Einfach unfassbar schön. Mit einem leisen Lächeln im Gesicht drückte Christoph Siegrist immer wieder den Auslöser. Dann legte er die Kamera plötzlich weg und sagte in meine Richtung: «Polarlichter machen mich einfach glücklich.» «Mich auch», dachte ich, «mich auch».

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