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SRF DOK Vom Bio-Boom und seinen Schattenseiten

Bio boomt europaweit, die Umsatzzahlen steigen jährlich. Doch aus den Bio-Idealen einer schonenden Landwirtschaft ist längst eine globale Massenproduktion geworden. Geht das Bioversprechen wirklich auf? Ein Interview mit dem deutschen Filmautor Christian Jentzsch.

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Christian Jentzsch arbeitet als freier Autor, Journalist und Filmemacher. Im Mittelpunkt seiner Filme stehen oft wirtschafts- und umweltpolitische Themen. 2013 erhielt er den Umwelt-Medienpreis für «Wem gehört das Wasser?»

SRF DOK: Christian Jentzsch, wann haben Sie zuletzt bio eingekauft ?

Christian Jentzsch: Gerade vor ein paar Tagen erst – Bio-Äpfel, gleich bei uns vor den Toren Hamburgs. Also saisonal, regional.

Warum haben Sie überhaupt das Thema Bioproduktion für Ihren Film gewählt ?

Grundsätzlich ist die ökologische Landwirtschaft eine wichtige Alternative zur Agrarwirtschaft, die Ressourcen verschwendet und die Umwelt belastet. Doch was mit grossen Ambitionen begann, und in Teilen sicher auch noch funktioniert, ist klammheimlich zu einem riesigen Geschäft geworden, in dessen Zusammenhang leider viele Verwerfungen stattfinden. Anbau in Monokulturen, unfaire Arbeitsbedingungen, Schindluder mit Ökosubventionen, Regelwahnsinn, Preisdruck auf Kleinbauern und Ökomassenware vom Fliessband. Kurz: Es geht im Film darum, Fehlentwicklungen aufzuzeigen, die längst in der Bioszene kritisch diskutiert werden.

Video
Auf der Bio-Garnelenfarm (Filmausschnitt)
Aus DOK vom 17.09.2014.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 38 Sekunden.

In Ihrem Film zeigen Sie, wie eine biozertifizierte Garnelenfarm in Thailand ganz normales Futter verwendet. Und man sieht Chemiefässer herumliegen. Was ging Ihnen da durch den Kopf?

Es ist bedauerlich, dass Regelverstösse, Etikettenschwindel und Betrug mit falschen Siegeln, bzw. der Missbrauch echter Zertifikate, immer wieder vorkommen. Da braucht man nicht einmal ins ferne Asien zu fahren. Die jüngsten, grossen Skandale um Biobetrug in Italien passen da leider genau ins Bild und zeigen, dass sich bei den hohen Gewinnmargen im teuren Ökosegment manche Leute mit gefälschten Produkten die Taschen vollmachen wollen. Auf Kosten der Verbraucher und der integeren Bio-Erzeuger.

«DOK» am Mittwoch

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«Die Bio-Illusion – Massenware mit Öko-Siegel». Mittwoch, 17. September, 22:55 Uhr, SRF 1

Heisst das, wenn wir beim Grossverteiler Biogarnelen kaufen, ist unter Umständen gar nicht bio drin?

Das könnte womöglich passieren, deshalb brauchen wir ein lückenloses und optimiertes Kontrollsystem.

Im Film steigen Tierschützer in eine Bio-Putenfarm ein. Die Tiere sind in jämmerlichem Zustand. Gibt es diese Zuchtfarm noch?

Den Hof für Bioputen gibt es noch. Allerdings hat Naturland, der Verband, der seinerzeit den Hof zertifiziert hatte, ihm inzwischen das Siegel wieder aberkannt. Doch der Putenzüchter verkauft das Fleisch seiner Tiere anscheinend weiterhin als Bioware, nun nur noch mit dem EU-Ökosiegel versehen. Dafür reichen die Standards offensichtlich aus.

Ihr Film heisst «Die Bio-Illusion». Ist bio für uns als Konsumenten tatsächlich eine Illusion?

Bio verkauft heute leider auch viele falsche Illusionen. Dabei haben viele der alten Ökopioniere ihre Illusion noch nicht aufgegeben – von einem bio, das wirklich anders und nachhaltiger ist als eine Agrarindustrie, wie die, zu der das zeitgenössische «Massenbio» zu werden droht.

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