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Judith Wyder und Andreas Hulliger – was denken sie wohl gerade?
Rémy Steinegger, steineggerpix.com / Romina Amato, Red Bull Cliff Diving
abspielen. Laufzeit 52 Minuten 36 Sekunden.
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Sportpsychologie – der Wettkampf mit dem Kopf

Zwischen der olympischen Goldmedaille und dem undankbaren vierten Platz liegen häufig nur Sekunden, Millimeter oder Teilpunkte oder der eigene Kopf! Da kann der Antritt noch so schnell, der Ausdruck noch so elegant sein: wenn der Kopf nicht mitspielt, dann rückt die Medaille in die Ferne.

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«Am Limit wird man dümmer!» Judith Wyder muss es wissen. Sie war 2014 die erfolgreichste Orientierungsläuferin der Welt: Drei Goldmedaillen an der Weltmeisterschaft, drei Goldmedaillen an der Europameisterschaft und Silbermedaillen-Gewinnerin im Gesamt-Weltcup, um nur eine Auswahl zu nennen. Doch im Orientierungslauf an der Weltspitze müssen nicht nur die Beine schnell, sondern auch der Kopf klar sein.

Zusammen mit der Sportpsychologin Andrea Binggeli arbeitet die 26-Jährige daran, bei körperlicher Höchstleistung voll präsent und fokussiert zu bleiben. Die Kopfarbeit ist nicht der Grund für die Erfolge, aber sicherlich ein Schlüssel dazu. «Es ist noch nicht lange her, da bin ich an einem wichtigen Lauf gleich mehrere Male einfach am Posten vorbeigelaufen, ohne ihn zu sehen. Heute sollten mir solche grossen Fehler nicht mehr passieren.»

Der Sprung vom Hochhaus
«Paradox! Ich habe Höhenangst und springe aus 27 Meter in die Tiefe.» Man versteht Andy Hulligers Höhenangst, aber man versteht nicht, dass er trotzdem freiwillig ab der Höhe eines zehnstöckigen Hauses ins Wasser springt. Ohne die perfekte mentale Vorbereitung würde der bald 30-jährige Wasserspringer dies kaum unverletzt überstehen.

«Mentale Stärke ist, wenn jemand zum Zeitpunkt X seine Bestleistung abrufen kann», sagt Sportpsychologe Jörg Wetzel. «Aber auch das Verarbeiten von Niederlagen oder der Umgang mit den eigenen Emotionen sind nicht nur für Spitzensportler, sondern für uns alle wichtige Themen.» Darum berät Jörg Wetzel nicht nur Sportler, sondern auch Führungspersonen aus der Wirtschaft.

Mit ihnen arbeitet er an der Zielformulierung, an der Konzentration und der Entspannung. Er übt mit seinen Klienten die Gedankenkontrolle und lässt sie Selbstgespräche machen. Er schärft mit ihnen die Wahrnehmung und hilft ihnen beim Visualisieren.

Lernen im Schlaf
Visualisieren ist das, was Experten unter mentalem Training verstehen: das Abspielen von Bewegungen, von zukünftigen Situationen und Erfolgen im Kopf. Dies motiviert, fokussiert und trainiert den Sportler. Denn um zum Beispiel eine Bewegung zu lernen, muss der Sportler diese nicht unbedingt ausführen. Der Körper kann auch lernen, wenn die Bewegung nur im Kopf passiert.

Diesen Mechanismus nimmt sich Daniel Erlacher zu Hilfe: «Wir versuchen herauszufinden, wie ein Sportler eine Bewegung im Schlaf lernen kann.» Daniel Erlacher ist Sportwissenschaftler an der Universität Bern. Für seine Studien arbeitet er mit Probanden zusammen, die luzide Träume haben. Diese Menschen sind sich während des Schlafens bewusst, dass sie träumen und können diese Träume sogar beeinflussen.

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