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Das Herz der staatlichen Überwachung: Fellerstrasse 15, Bern-Bümpliz.
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Wird die Schweiz zum Überwachungsstaat?

Staatliche Überwachungsmassnahmen werden verstärkt, auch in der Schweiz. So soll der Einsatz von «Staatstrojanern» erlaubt werden: Der Staat, der sich in unsere Computer und Smartphones schleicht und mitliest.

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Müssen wir ständig damit rechnen, überwacht zu werden? Input schaut die neuen Überwachungstools genauer an und fragt, wie viel Freiheit und Privatsphäre wir opfern müssen zugunsten unserer Sicherheit.

Input bei den Überwachern

Für Gegner staatlicher Überwachung ist das unauffällige Bürohaus in Bümpliz wohl «The Heart of Darkness», das Herz der Dunkelheit. Hier ist der Dienst ÜPF zuhause. Die drei Buchstaben stehen für «Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs». Die Leute vom ÜPF schalten Echtzeit-Telefonüberwachungen und rückwirkende Überwachungen: Mit wem hat die Zielperson wann und wo kommuniziert? Was vielen Leuten nicht bewusst ist: Unsere Telefondaten werden sechs Monate lang gespeichert. Der Dienst ÜPF verschafft den Strafverfolgern unter strengen Bedingungen Zugang zu diesen Daten.

«Wir leben bereits im Überwachungsstaat»

Die Speicherung unserer Telefondaten, die sogenannte «Vorratsdatenspeicherung», ist für den netzpolitisch engagierten Verein «Digitale Gesellschaft» ein grosser Aufreger: «Der Staat behandelt uns alle so, als würden wir in den nächsten sechs Monaten kriminell werden», sagt Martin Steiger, Zürcher Rechtsanwalt und Mediensprecher der «Digitalen Gesellschaft». Diese kämpft an vorderster Front gegen zwei neue Gesetze, die den staatlichen Überwachern mehr Möglichkeiten und Kompetenzen geben will: Das Nachrichtendienstgesetz und das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF). «Wir leben bereits im Überwachungsstaat – und dieser wird noch ausgebaut», sagt Martin Steiger.

Neue Tools für die Strafverfolger

Das revidierte BÜPF ermöglicht den Strafverfolgern unter Anderem den Einsatz von «Government Software». Diese auch als «Staatstrojaner» bezeichneten Programme schleusen sich in den Computer oder auch ins Smartphone der Zielperson ein und lesen und hören mit, was der Überwachte kommuniziert. Es geht hier auch darum, an Information zu gelangen, bevor sie verschlüsselt wird. Die Strafverfolger stehen immer öfter vor dem Problem, dass Verdächtige oder Kriminelle über verschlüsselte Kanäle kommunizieren.

Die Polizei fährt Postkutsche – die Kriminellen Ferrari

Den Vergleich zwischen Postkutsche und Ferrari zieht der erfahrene Ermittler Stefan Blättler, Kommandant der Kantonspolizei Bern und Präsident der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten. Während Kriminelle, beispielsweise Menschenhändler und das organisierte Verbrechen, immer mit neuster Technologie operierten, seien die Strafverfolger ständig im Rückstand. Für Blättler ist das neue, revidierte BÜPF ein Muss: «Es kann doch nicht sein, dass man uns die Mittel nicht geben will, um unseren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen: Die Verbrechensbekämpfung».

Vertrauen und Kontrolle

«Ohne ein gewisses Vertrauen in die Behörden lässt sich ein Überwachungssystem, welches der Verbrechensbekämpfung dient, nicht organisieren». Sagt Guido Berger, Chef der SRF Digital-Redaktion. Vertrauen darauf, dass sich die Überwacher ihrer Verantwortung der Gesellschaft gegenüber bewusst sind. Vertrauen darauf, dass sie nicht Dinge tun, nur weil es technisch möglich ist. Ebenso wichtig wie Vertrauen sei die Kontrolle der Überwachungstätigkeit, sagt Berger: Die Überwacher müssen überwacht werden. «Schliesslich hatten wir in der Schweiz schon den grossen Sündenfall: Die Fichen-Affäre».

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