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Hundehändler: Geschäft mit todkranken Tieren
Aus Kassensturz vom 14.03.2017.
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«Ganz tierisch» Hundehändler: Geschäft mit todkranken Tieren

Dubiose Hundehändler aus Osteuropa verkaufen im grossen Stil Hunde in die Schweiz. Übers Internet bieten sie Tiere ahnungslosen Kunden an. Oft werden die Hunde viel zu früh von ihrer Mutter getrennt, sie sind nicht geimpft oder krank. «Kassensturz» stellt einen Händler vor laufender Kamera.

Julika Fitzi hat eine eigene Tierarztpraxis in der Nähe von St. Gallen. Und sie stellt fest: Immer öfter muss sie schwer kranke Hunde untersuchen, die sich Käufer billig über das Internet, meist von Händlern aus dem Osten, besorgt haben. «Leider gehört das zu unserer traurigen Routine. Die Tiere sind schon sehr geschwächt. Wir kommen meistens zu spät», sagt die Tierärztin.

Zur Rede gestellt

Ein junger Chihuahua-Welpe starb nur fünf qualvolle Tage nach dem Kauf. Der Händler war Norbert Kuzma. Seit Jahren handeln er und seine Frau im grossen Stil per Internet mit Hunden. Julika Fitzi will Norbert Kuzma zur Rede stellen. Über einen Bekannten tritt sie verdeckt mit ihm in Kontakt. Kuzma reagiert promt. Er könne den Chihuahua gleich an die Schweizer Grenze liefern. Seine Schwiegereltern würden dort wohnen.

Mit zweieinhalb Stunden Verspätung kommt Norbert Kuzma an. Er bringt einen völlig apathischen Chihuahua-Welpen mit. Wir klären den Hundehändler auf, wer wir sind. Norbert Kuzma will uns den Welpen wegnehmen. Schliesslich willigt der Hundehändler ein, den Hund bei einer Tierärztin in Konstanz untersuchen zu lassen.

Auf dem Weg zum Tierarzt hat sich der Hundehändler Norbert Kuzma aus dem Staub gemacht. Die Tierärztin hatte an diesem Tag noch einen anderen Hund von Norbert Kuzma in ihrer Praxis. Jetzt untersucht sie Hela. Der Hund ist halb verdurstet. Mit einer Elektrolytinjektion unter die Haut behandelt die Aerztin den akuten Flüssigkeitsmagel.

Augenschein nehmen

«Kassensturz» besucht eine Schweizer Chihuahuazucht. Sigrid Stauss züchtet seit rund zehn Jahren Hunde nach strengen Richtlinien und kennt die Züchterszene. Für sie ist klar, vor dem Kauf muss ein Kunde verschiedene Hundezüchter besuchen: «Das ist zwingend. Wer einen Hund kauft, ohne Zucht und Welpe vorher je gesehen zu haben, handelt in jedem Fall unvernünftig – egal ob im Ausland oder in der Schweiz.»

Die kleine Hope ist neun Wochen alt. Sie wird von der Tierärztin untersucht. Der Welpe ist kerngesund. Bevor ein Hund verkauft wird, muss er mit einem Chip markiert sein. So kann er jederzeit eindeutig identifiziert werden. Die Tierärztin implantiert den Chip unter die Haut des Welpen und kontrolliert, ob die gespeicherten Daten korrekt gelesen werden können.

Die Daten aller Hunde in der Schweiz sind in der Tierdatenbank Animal Identity Service (Anis) gespeichert, sortiert nach Rasse, Geschlecht, Alter und Herkunft. Exklusiv für «Kassensturz» wertete Anis die Datenbank nach der Importquote von Junghunden aus.

Das bedenkliche Resultat: Jährlich werden über 7000 Hunde in die Schweiz importiert. Mit einer solch hohen Zahl hat Anis-Geschäftsführerin Denise Delley nicht gerechnet: «Es wird empfohlen, Welpe, Mutter und Zuchstätte zu besichtigen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das bei den 7000 Welpen gemacht worden ist.»

Kriminelle Organisationen

Bei Modehunden wie Chihuahuas, französischen Bulldoggen oder Möpsen ist die Situation am gravierendsten. Von diesen Rassen werden bis zu zwei Drittel der Welpen aus dem Ausland importiert. Das Bundesamt für Veterinärwesen ist über die Entwicklung beunruhigt.

Allein mit Kontrollen können man dem Hundehandel nicht Meister werden. «Leute, die einen Hund über das Internet oder aufgrund einer Anzeige kaufen, riskieren, dass sie einen krankes Tier erhalten. Und dass sie zum Teil auch kriminelle Organisationen unterstützen», stellt Marcel Falk vom Bundesamt für Veterinärwesen klar.

Trotz der Soforthilfe bei der Tierärztin in Konstanz bleibt der Zustand des Welpen Hela kritisch. Julika Fitzi: «Ich nehme den Hund mit in die Praxis. Er bekommt spezielle Nahrung, Flüssigkeit und Wärme. Ob er’s schafft, weiss ich nicht.»

Es war zu spät. Hela schaffte es nicht. Ein Tag nach der Übergabe in Deutschland ist sie tot. Das pathologische Institut des Tierspitals Zürich untersucht die Todesursache. Ergebnis: Hela war bereits bei der Übergabe todkrank. Sie hatte Durchfall, eine Brustfell- und eine eitrige Lungenentzündung. Gestorben ist der Hund schliesslich an den Folgen einer Blutvergiftung.

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