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Maklerfirma haut Jugendliche übers Ohr
Aus Espresso vom 01.11.2017. Bild: screenshot facebook.com
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Lausige Beratung Maklerfirma haut Jugendliche übers Ohr

Mehrere Jugendliche hat die Firma Schutzschild in ihrem Lehrbetrieb angerufen. Mit dem Stichwort «Budgetberatung» überredete sie sie zu einem Beratungstermin. Dieser endete mit einer sinnlosen Lebensversicherung für die Jugendlichen und einem Schuldenberg.

Das Konsumentenmagazin «Espresso» von Schweizer Radio SRF 1 hat Kenntnis von mehreren Fällen, wo die Maklerfirma Schutzschild GmbH unter dem Vorwand «Budgetberatung» mit Jugendlichen einen Termin vereinbarte.

Offenbar waren die Versicherungsbroker darüber informiert, welche Jugendlichen die Lehrabschlussprüfung vor Kurzem bestanden hatten und kontaktierten diese in den jeweiligen Lehrbetrieben. Einer von ihnen ist ein 18-jähriger Automobilfachmann aus dem Kanton St. Gallen.

Fondsgebundene Lebensversicherung mit Todesfallrisiko an der Backe

An einem Mittwochnachmittag kam der Makler beim Jugendlichen vorbei. Seiner Mutter erzählte er nichts davon. Erst zwei Tage später warf die Mutter einen Blick in die schwarze Mappe auf dem Esstisch. Sie konnte es kaum fassen: «Ich sah, dass der Vertrag mit der Generali Versicherung über 45 Jahre läuft und eine monatliche Prämie von 450 Franken fällig wird. Ich hatte fast einen Herzinfarkt.»

Screenshot von Facebook
Legende: Von Jugendlichen viel beachtet: Auch auf Facebook ist «Schutzschild» gut präsent. Screenshot Facebook

Im Gespräch mit ihrem Sohn wurde klar, dass dem Jungen überhaupt nicht bewusst war, was er hier unterschrieben hatte. Er dachte, es gehe einfach um Vorsorge.

Konventionalstrafe von über 5000 Franken?

Noch am selben Abend rief der Sohn beim Makler an, um ihn zu bitten, den Vertrag zu annullieren. Das sei nicht möglich, liess ihn dieser wissen. Und wenn er den Vertrag kündige, dann müsse er eine Strafgebühr zahlen, eine sogenannte Konventionalstrafe in Höhe einer Jahresprämie von 5400 Franken. So, wie er es ja im Beratungsprotokoll unterschrieben habe.

Am nächsten Tag meldete die Mutter den Fall ihrer Rechtsschutzversicherung und diese half ihr, den Vertrag bei der Generali Versicherung für ungültig zu erklären. Generali lenkte auch sofort ein und liess den Jungen aus dem Vertrag springen. Kurze Zeit später kam dann aber die Rechnung der Firma Schutzschild in der Höhe von besagten 5400 Franken.

Versicherungsexperten sind sich einig: Lausige Beratung

Sowohl der Ombudsmann der Versicherungen, Martin Lorenzon, als auch Versicherungsfachmann Stefan Thurnherr vom VZ Vermögenszentrum sagen klipp und klar, dass diese Beratung mangelhaft war. Ein junger Mensch von 18 Jahren brauche keine solche Versicherung: «Hier inbegriffen ist eine Todesfallversicherung. Ein junger Mensch, welcher keine Versorgungspflichten hat, braucht diese nicht. Das ist Geld, welches zum Fenster hinausgeschmissen ist», sagt Stefan Thurnherr.

Und Ombudsmann Martin Lorenzon ergänzt gegenüber «Espresso», er finde es fragwürdig, wenn man einem Jugendlichen eine Police verkaufe mit einer 45-jährigen Laufzeit: «Wenn man 18 Jahre alt ist, weiss man noch nicht, ob man einmal Kinder haben will, ob man sich vielleicht noch weiterbilden oder eine Weltreise machen will. Alles Dinge, bei denen man dann eine Zeitlang gar kein Einkommen haben wird.»

Genau dieses regelmässige Erwerbseinkommen wäre aber Bedingung für die gesamte Laufzeit. Aus diesem Grund sehen auch beide keinen Grund, weshalb die geforderte Konventionalstrafe tatsächlich geschuldet sein soll.

Generali kündigt Maklervertrag

Auf Anfrage hiess es bei Generali, man bedauere die Fälle der Jugendlichen sehr und sei in keiner Weise einverstanden mit dem Geschäftsgebaren der Firma Schutzschild. Man habe Kenntnis von noch mehr Fällen und habe bei allen den Vertrag sofort annulliert. Die Geschäftsbeziehung zu Schutzschild habe man gekündigt.

Und was sagt die Firma Schutzschild GmbH?

Die Geschäftsführerin der Firma Schutzschild GmbH aus Uffikon, Claudia Zankl schreibt «Espresso»: «Mit Bedauern mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass einige unserer Kunden nicht optimal beraten wurden und sich an Ihre Sendung gewandt haben. Wir nehmen als junges Unternehmen das entstandene Problem sehr ernst und werden die Unannehmlichkeiten umgehend beseitigen.» Sämtliche Forderungen an Jugendliche in Zusammenhang mit dieser Versicherung seien somit hinfällig.

Tipp

Falls auch Sie durch eine mangelhafte Beratung einer Maklerfirma zu Schaden gekommen sind, teilen Sie dies der Firma mit und verlangen Sie eine schriftliche Bestätigung, dass der Makler auf eine allfällige Konventionalstrafe verzichtet. Sollte dies nicht geschehen, wenden Sie sich an die Aufsichtsbehörde, die Finanzmarktaufsicht und melden Sie den Fall.Oder wenden Sie sich an den Ombudsmann Martin Lorenzon.

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