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Wellness-Bäder mit Urin und Legionellen
Aus Kassensturz vom 17.01.2012.
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Kassensturz-Tests Wellness-Bäder mit Urin und Legionellen

«Kassensturz» hat in 12 Thermal- und Wellnessbädern Wasserproben genommen und sie in einem Labor auf Bakterien und Urin testen lassen. Fazit: Die Mehrheit ist sauber. Bei einigen kommt Unappetitliches zum Vorschein. Ein Thermalbad hatte sogar gesundheitsgefährdende Legionellen im Badewasser.

In der kalten Jahreszeit ist ein Besuch in einem Wellness-Bad für viele eine Wohltat. Thermal-, Wellness- und Erlebnisbäder versuchen mit einigem Aufwand, das Wasser sauber zu halten. Die wichtigsten Massnahmen sind die Zufuhr von Frischwasser und die ständige Reinigung des Badewassers.

Sandfilter und Chlor zur Reinigung

Reto Schwengeler ist beim Thermalbad Tamina Therme in Bad Ragaz verantwortlich für die Überwachung der Wasserqualität. « Bei uns ist das Wasser in ständiger Zirkulation», sagt Schwengeler. Das Badewasser komme von den Badebecken nach unten in den Keller in ein Ausgleichsbecken. «Von dort geht das Wasser über eine Umwälzpumpe durch einen Sandfilter und wird nachher mit Chlor desinfiziert», so Schwengeler weiter. Zur Reinigung werde auch Ozon zugegeben und wieder ausgeschieden, bevor das Wasser zurück in die Badebecken geleitet werde.

Erfreuliches Resultat des Labortests: Insgesamt sieben Thermal- und Wellnessbäder halten alle getesteten Richt- und Toleranzwerte ein. Doch nicht alle Bäder erfüllen die Norm vollständig. So das Thermalbad Baden. Es hält zwar den Richtwert für Harnstoff ein. Doch fand das Labor zwei Einheiten E.Coli-Bakterien. Gemäss Vorschrift dürfen aber gar keine nachweisbar sein. Das Thermalbad Baden sagt dazu: Dieses Testresultat sei eine blosse Momentaufnahme, die letzten vier Proben hätten keinen Nachweis erbracht.

Zu viel Urin im Badewasser

Bei drei Bädern fand das Labor zu viel Harnstoff im Badewasser: So im Sprudelbad der Tamina Therme in Bad Ragaz. Der Richtwert für Harnstoff beträgt 1 Milligramm pro Liter Badewasser. Dies entspricht bei einem 30-Kubikmeter-Becken einer Menge von rund 7-mal Urinieren. Daniel Grünenfelder, Geschäftsführer der Tamina Therme, betont, dass für die Höhe des Harnstoffwerts verschiedene Faktoren verantwortlich seien. In einem kleinen Becken sei die Möglichkeit eines erhöhten Werts grösser. Grünenfelder bedauert, dass der Wert zu hoch war. «Wir messen das laufend selber auch. Wir haben fast immer gute Werte.»

Ebenfalls überschritten haben den Harnstoff-Richtwert das Thermalbad Zurzach und – deutlich – das Sole Uno Bad in Rheinfelden. Das Sole Uno Bad in Rheinfelden schreibt «Kassensturz» zum zu hohen Harnstoff-Wert: «Noch nie wurden im Sole Uno Abweichungen vom Toleranzwert in einer Grössenordnung Ihrer Probe belegt.» Bei nur 6 von 106 Messungen des kantonalen Amtes in den letzten 10 Jahren sei der Richtwert überschritten worden. Das Thermalbad Zurzach schreibt, es habe sofort zwei Massnahmen eingeleitet: Die Zuführung von noch mehr Thermalwasser und bessere Information der Badegäste über Mithilfe bei der Hygiene.

Legionellen im Sprudelbad

Erschreckend: Im Thermalbad Bogn Engiadina in Scuol fand das Testlabor gar Legionellen im Sprudelbecken. Legionellen sind Bakterien, die sich immer wieder in Warmwasser-Installationen festsetzen. «Legionellen sind gefährlich, wenn sie eingeatmet werden, beispielsweise mit dem Wasserdampf in einem Sprudelbecken», sagt der Bündner Kantonschemiker Matthias Beckmann. Er ist Präsident der Arbeitsgruppe für Trink- und Badewasser der Kantonschemiker. Diese sind zuständig für die Überwachung der Badewasser-Qualität.

Zwei Krankheitsbilder

Kantonschemiker Matthias Beckmann erklärt: «Es besteht die Gefahr, dass man sich durch das Einatmen der Dämpfe eine Legionellose einhandelt. Eine Legionellose ist einer Lungenentzündung ähnlich und kann sehr schwere Folgen haben. Es kann auch das sogenannte Pontiac-Fieber auftreten, das mehrere Tage anhält.» Gefährdet seien vor allem Kinder und ältere Menschen. Bei Personen mit normalen Abwehrkräften sei die Gefahr kleiner.

Das Thermalbad Bogn Engiadina in Scuol sagt zum unerfreulichen Legionellen-Befund: Nach Beseitigung einer verstopften Wasserleitung sei möglicherweise eine erhöhte Zahl von Legionellen ins Beckenwassersystem geströmt. Das Bad schreibt weiter: «Noch am Tag Ihrer Benachrichtigung haben wir das kantonale Labor gebeten, eine Nachprüfung vorzunehmen, was innert 2 Tagen erfolgt ist. Bei dieser Nachprüfung liessen wir nicht nur das von Ihnen getestete Becken prüfen, sondern wir liessen auch noch an 9 weiteren sensiblen Stellen Wasserproben testen. Alle Resultate waren einwandfrei.»

So wurde getestet

Um herauszufinden, wie gut die Wasserqualität in Wellness-Bädern der Deutsch- und der rätoromanischen Schweiz ist, haben «Kassensturz»-Mitarbeiter verdeckt Proben in insgesamt zwölf Bädern genommen. Die Tester besuchten die Bäder jeweils an einem Sonntagnachmittag, wenn die Bäder gut besucht sind. Das spezialisierte Labor Veritas in Zürich hat die Badewasser-Proben für «Kassensturz» ausgewertet. Das Labor hat geprüft, ob die Bäder die Vorschriften in Bezug auf

  • Gesamtkeimzahl
  • E.Coli-Bakterien
  • Legionellen und
  • Harnstoff

einhalten. Bei den Vorschriften handelt es sich um die «Anforderungen an das Beckenwasser» der SIA-Norm 385/9. Die Kantone sind für die Überprüfung der Badewasser-Qualität zuständig und orientieren sich an den Richt- und Toleranzwerten dieser SIA-Norm.

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