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Vorsicht bei Steuerberatern: Der Titel ist nicht geschützt
Aus Espresso vom 15.03.2017. Bild: SRF
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Geld Vorsicht bei Steuerberatern: Der Titel ist nicht geschützt

Eine Frau ist per Flyer auf einen Steuerberater aufmerksam geworden. Leider hat sie schlechte Erfahrungen gemacht. Sie hat nun eine Betreibung und eine Strafanzeige am Hals. Steuerberater kann sich jeder nennen - nur wer diplomierter Steuerexperte ist, hat auch sicher eine Ausbildung absolviert.

«Es ist der Horror», klagt eine «Espresso»-Hörerin aus Zürich. Aus einer vermeintlichen Steuerberatung wurde für sie ein Albtraum. Vor ein paar Wochen hatte sie in ihrem Briefkasten einen Flyer gefunden, Werbung für einen Steuerberater.

90 Franken kostet es, die Steuererklärung von Steuerberater Daniel Weber auszufüllen. «Ein fairer Preis», dachte sich die Frau und rief den Steuerberater an. Sie wollte ihm ihre Unterlagen zuschicken. Er aber insistierte, er käme bei ihr vorbei und würde die Unterlagen persönlich abholen.

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Fragen aus dem Publikum haben Experten in zwei Chats beantwortet:

Steuer-Chat 1

Steuer-Chat 2

Geplatzter Termin?

Schliesslich vereinbarten die beiden einen Termin an einem Abend. Daniel Weber fügte am Telefon noch an, das treffe sich gut, er sei dann sowieso in der Gegend. 25 Minuten vor dem Termin realisierte die Frau, dass sie es nicht auf die vereinbarte Zeit nach Hause schaffen würde und sie rief den Steuerberater an. Sie sagte ihm, sie müsse den Termin verschieben und würde sich wieder melden.

Kurz darauf erhielt sie eine SMS, sie habe den Termin zu kurzfristig platzen lassen und er würde ihr das Honorar über 90 Franken in Rechnung stellen. «Wenn ich nicht bezahlte, würde er rechtliche Schritte einleiten.» Nun war die Frau alarmiert.

Steuerberater mit Vorstrafen

Nach einer Recherche im Internet stellt die Frau fest: Daniel Weber ist kein unbeschriebenes Blatt. «Für mich war klar, dass ich mich bei diesem Herrn sicher nicht mehr melden werde.» Auch das Konsumentenmagazin «Espresso» von Schweizer Radio SRF 1 machte sich über den Steuerberater kundig.

Es liegt ein Bundesgerichtsurteil aus dem Jahr 2013 vor, welches ihn wegen Veruntreuung verurteilte. Dies hat auch bereits das Konsumentenmagazin K Tipp publik gemacht. Und das St. Galler Tagblatt meldete einst, dass Daniel Weber im Jahr 2012 wegen versuchter Nötigung verurteilt worden war. Er soll einen Kunden bedroht haben.

Opfer hat nun Betreibung und Klage am Hals

Die Zürcherin beschloss, sich nicht mehr zu melden und auch die Rechnung nicht zu bezahlen. Wie angekündigt, leitete Steuerberater Daniel Weber die Betreibung ein. Und weil sich die Frau an die Redaktion von «Kassensturz» und «Espresso» gewendet hatte, reichte er auch noch eine Strafanzeige wegen Nötigung ein.

Auf die Frage von «Espresso», weshalb er das Honorar überhaupt als gerechtfertigt ansehe und weshalb er die Frau derart einschüchtere, lässt Daniel Weber schriftlich verlauten: «Gemäss Artikel 404 OR ist ein Widerruf eines erteilten Auftrags (eine telefonische Bestellung und Termin) wie im vorliegenden Fall grundsätzlich bei einer kurzfristigen Absage kostenpflichtig (siehe Zahnärzte und Ärzte).»

Und er lässt «Espresso» wissen, er habe die Frau nicht einschüchtern wollen.

Rechtsexpertin: «Es ging beim abgesagten Termin ja nicht um eine Beratung »

Diese Ansicht teilt Gabriela Baumgartner nicht. Die «Espresso»-Rechtsexpertin ist viel mehr der Meinung, dass dieser Termin gar kein Beratungstermin war: «Es ging lediglich darum, dass er die Unterlagen bei ihr abholen wollte. Sie hat dies auch gar nicht gewünscht, er hatte darauf beharrt, bei ihr vorbeizukommen.» So gesehen habe er auch keinen Schaden erlitten.

Die Rechtsexpertin schätzt seine Chancen vor Gericht als äusserst gering ein. Um die Betreibung zu stoppen, empfiehlt sie, Rechtsvorschlag zu machen, was die Frau auch umgehend gemacht hat. «Nun muss Daniel Weber eine Klage einreichen und beweisen, dass er das Geld zugut hat.»

Wie finde ich einen seriösen Steuerberater

Der Titel «Steuerberater» ist in der Schweiz nicht geschützt. Das heisst, jeder kann sich mit diesem Titel schmücken, ob er ihn nun verdient oder nicht. Anders ist es mit der Berufsbezeichnung «diplomierter Steuerexperte». Marius Klauser ist Direktor von Expertsuisse, dem Expertenverband für Wirtschaftsprüfung, Steuern und Treuhand: «Eine Qualifikation ist auf alle Fälle gegeben, wenn jemand eidgenössisch diplomierter Steuerexperte ist. Zudem sollte darauf geachtet werden, dass ein Anbieter Mitglied des eines Berufsverbands ist, damit neben einer adäquaten Ausbildung auch eine kontinuierliche Weiterbildung sichergestellt ist.»

Dies unterstreicht auch Vanessa Jenni, Geschäftsführerin des Schweizerischen Treuhänderverbands Treuhandsuisse. Sie rät, die Ausbildung eines Steuerberaters zu überprüfen: «Achten Sie darauf, dass die Fachperson mindestens über einen Fachausweis im Treuhand / Rechnungswesen oder ein Diplom als Treuhandexperte, Experte in Rechnungslegung und Controlling oder als diplomierter Steuerexperte besitzt.»

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