Im traditionellen Appenzell aufgewachsen, hatte der Erwin Schirmer als jüngstes von vier Geschwistern eine idyllische Kindheit, geprägt von ländlichem Alltag und religiösen Werten. Schon früh keimten Gefühle für Männer in ihm auf, er wehrte sich aber lange heftig dagegen.
Seine Ehe mit einer Frau hielt sechs Jahre und war Glück und Leidensweg zugleich: «Bis ich einfach nicht mehr konnte, wie ein Fass, das plötzlich überlaufen ist», sagt der heute 45-jährige Gastwirt. Da wagte er das Coming-Out sich selber und seinem Umfeld gegenüber. Dieser Bruch mit seinem alten Leben war ein grosser Befreiungsschlag.
«Es gab keine Vorbilder, nicht genügend offenen Geist», sagt er über seinen Heimatort Trogen. Dieser Enge wollte er für immer entgehen. Trotzdem lebt er heute mit seinem Lebenspartner Walter Kägi wieder 200 Meter von seinem Kindheitshaus entfernt und steckt sein ganzes Herzblut ins Landgasthaus «Hörnli».
Er spricht seine sexuelle Neigung öffentlich an, sucht den Dialog mit Gästen und will so verhindern, dass es anderen so ergeht wie ihm. Durch die Versöhnung mit seiner Heimat hat er zurück zu seinen Wurzeln und vor allem zu seiner Leidenschaft, der Appenzeller Zäuerli, gefunden. Am liebsten singt er diese am Stammtisch seines Restaurants, nach einem herzhaften Teller Hörnli.