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Der «Jolie»-Effekt
Aus Puls vom 10.06.2013.
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Die Krebsschlagzeilen der Stars bewegen die Schweiz

Angelina Jolie und Michael Douglas haben mit ihren Krebs-Bekenntnissen eine eigentliche Informations-Welle ausgelöst – auch in der Schweiz. Hier haben die Nachrichten rückblickend vor allem zu positiven Reaktionen bei Betroffenen und Fachärzten geführt.

Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt an der Filmpremiere von «World War Z» strahlte Angelina Jolie. Ihre Brustoperationen war gut verlaufen und die Welt solidarisierte sich mit ihr. Auf die Frage eines Journalisten, wie es ihr gehe, antwortete sie: «Ich bin sehr glücklich dass sich die Diskussion über die Gesundheit der Frauen so stark ausgebreitet hat – das bedeutet alles für mich.»

Tatsächlich, Angelina Jolie löste mir ihrem Bekenntnis in der «New York Times» Mitte Mai eine Welle der Betroffenheit aus: Noch drei Wochen später ist ihre Krankheitsgeschichte in der Gen-Sprechstunde von Barbara Bolliger am Brust-Zentrum in Zürich täglich präsent. Dank Angelina Jolie melden sich drei Mal mehr Frauen für einen Gen-Test an. Lange vermieden viele den Test aus Angst vor dem Resultat. Nach den Jolie-Schlagzeilen möchten plötzlich viele Frauen wissen, ob sie das «defekte» Gen BRCA-1 in sich tragen. Dieses Gen erhöht das Risiko, an Brust- und Eierstockkrebs zu erkranken.

Hemmschwelle gesunken

«Vor Angelina Jolies Bekenntnis waren Frauen schockiert, wenn man sie mit der Möglichkeit einer Brustamputation und anschliessendem Wiederaufbau konfrontierte. Heute kommen sie in die Sprechstunde und schlagen selber eine Operation vor. Angelina Jolie hat für mehr Akzeptanz und Diskussion gesorgt. Für uns Ärzte ist das eine positive Entwicklung», sagt die Genetikerin.

Eine dieser Patientinnen ist Simone Suter. Anfang Jahr bekam sie die Diagnose Brustkrebs, kurz darauf liess sie den Tumor aus der Brust entfernen. Gleichzeitig mit Angelinas Schlagzeilen entschied sie sich für die radikale Variante. Brustamputation und den Gentest. Ist dieser positiv, will sie sich auch die Eierstöcke entfernen lassen. «Angelina Jolie hat mir geholfen, indem die Leute darüber diskutieren, sich eine Meinung bilden und eine Brustamputation nicht mehr als radikal empfinden. Ich fühle mich dadurch besser verstanden», sagt die zweifache Mutter.

«Kehlkropfkrebs durch Oralsex»

Auf Angelina Jolie folgt Michael Douglas. HPV – Humane Papilloma-Viren – hätten seinen Krebs im Hals ausgelöst, lautete die Schlagzeile. Diese Viren tragen 80 Prozent aller Menschen in sich, ohne es zu wissen. Häufig sind sie bei Frauen der Auslöser von Gebärmutterhalskrebs. Seltener entstehen durch sie bösartige Tumore im Hals-Kopf-Bereich bei Männern und Frauen.

«Wir sind froh über solche Schlagzeilen, sie klären über HPV auf. Obwohl es die Krankenkasse übernimmt, impfen sich heute lediglich 30 Prozent aller junger Frauen gegen diese Viren», sagt Chefarzt Gynäkologe Michael Mueller von der Klinik für Frauenheilkunde in Bern. Vor den «Oralsex-Schlagzeilen» meldete sich alle zwei Wochen eine junge Frau für die Impfung. Dank Douglas' Outing sind es heute vier Anmeldungen pro Tag.

US-Stars lancieren die perfekte Krebs-Kampagne

Dass die Schlagzeilen der Stars in der Schweiz so viel auslösen, erstaunt Dieter Wüthrich von der Krebsliga Schweiz nicht. «Auch wir arbeiten seit fünf Jahren mit Schweizer Prominenten.» Kommenden Oktober stehen die Sportlerinnen Nicola Spirig, Beatrice Lundmark und Tanja Frieden mit ihren Müttern für die Krebsliga auf den weissen Plakaten. Sie bekunden Solidarität mit brustkrebsbetroffenen Frauen. «Einen solchen Wirbel wie Jolie/Douglas kann unsere Kampagne aber bei weitem nicht auslösen»,  gesteht Dieter Wüthrich neidlos ein.

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