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Hirntrauma Wieso man bei einem Koma ins künstliche Koma versetzt wird

Michael Schumacher hat einige Zeit nach seinem schweren Skiunfall das Bewusstsein verloren. Andererseits berichten seine behandelnden Ärzte, sie hätten ihn ins künstliche Koma versetzt. Für den Laien ist das verwirrend.

Michael Schumacher hat von seinem Sturz schwere Hirnverletzungen davongetragen, sein Zustand ist weiterhin kritisch. Die behandelnden Ärzte berichten, dass er bei seiner Ankunft in der Klinik in Grenoble bereits nicht mehr ansprechbar war. Er wurde operiert und zusätzlich in ein künstliches Koma versetzt – ein Vorgehen, das laut Sönke Johannes, Neurologe und Chefarzt an der Rehaklinik Bellikon, unumgänglich ist.

Sönke Johannes

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Prof. Sönke Johannes ist Neurologe und als Chefarzt und Medizinischer Direktor an der Rehaklinik Bellikon tätig.

SRF: Herr Johannes, was geschieht, wenn ein Mensch ins Koma fällt?

Dr. Sönke Johannes: «Koma» heisst, die Reaktionsfähigkeit auf Umweltreize ist reduziert. Bei Kopfverletzungen gibt es dabei ganz verschiedene Ausprägungen oder Schweregrade. Eine solche Bewusstlosigkeit kann von ganz unterschiedlicher Dauer sein – von wenigen Sekunden, wie das bei einer Gehirnerschütterung der Fall sein kann, bis hin zu Tagen oder Wochen, manchmal sogar Monaten bei schwereren Verletzungen.

Wenn ein Patient, wie jetzt bei Michael Schumacher geschehen, ins Koma fällt, warum versetzt man ihn dann zusätzlich noch in ein künstliches Koma?

Bei einer traumatischen Hirnverletzung gehört es zur Behandlung, dass der Patient auch eine Narkose erhält – also in ein künstliches Koma versetzt wird, auch dann, wenn der Patient bereits eine durch den Unfall hervorgerufene Bewusstseinsbeeinträchtigung hat.

Diese Narkose wird über einen gewissen Zeitraum aufrechterhalten, der Patient also sozusagen sediert, um eine gute intensivmedizinische Behandlung möglich zu machen. Denn es muss beispielsweise der Druck im Gehirn gemessen werden, und Sie können sich vorstellen, dass es von wachen Patienten nicht gut toleriert wird, wenn man Messungen vornimmt, bei denen man mit einer Sonde durch die Schädeldecke ins Gehirn muss. Deswegen werden die Patienten mit Narkosemitteln künstlich im Koma gehalten.

Wie lange ist ein künstliches Koma möglich?

Das wird unterschiedlich gehandhabt. Üblicherweise lässt man nach einer gewissen Zeit die Patienten wieder wach werden. Wenn beispielsweise der Hirndruck normal bleibt und sich die Schichtbildgebung des Schädels nicht verändert, kann der richtige Zeitpunkt gekommen sein. Dann reduziert man die Narkosemittel und schaut, wie der Patient reagiert.

Kann es für den Patienten negative Folgen haben, wenn er lange im künstlichen Koma gehalten wird?

Das künstliche Koma wird von Patienten grundsätzlich gut vertragen, Nebenwirkungen sind selten. Es liegt allerdings in der Natur der Sache, dass das künstliche Koma den Stoffwechsel im Gehirn reduziert. Das kann die natürlichen Heilungsprozesse beeinträchtigen. Bis heute gibt es keine klaren Richtlinien dafür, wie lange ein Patient im künstlichen Koma gehalten werden soll.

Michael Schumachers Körper wurde zudem auf 34 bis 35 Grad heruntergekühlt. Was bewirkt das?

Das Herunterkühlen ist eine relativ neue Therapieform. Die Vorstellung ist, dass dadurch der Stoffwechsel abnimmt, der Sauerstoffbedarf und Zuckerbedarf im Gehirn sinkt und dadurch Sekundärschäden vermieden werden.

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