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Schweiz aktuell am Gotthard Historische Gotthardstrassen: Welche Epoche muss man schützen?

Ein Felssturz in der Piottinoschlucht im Leventinatal stürzt Tessiner Denkmalschützer in ein Dilemma: Naturgewalten zerstören einen Abschnitt der restaurierten Kantonsstrasse von 1830 - zum Vorschein kommt ein Teilstück des Saumpfads von 1561. Darf man dieses historische Pflaster wieder zuschütten?

Gemälde von Kutschen auf der Strasse in der Piottinoschlucht
Legende: Die Schöllenen des Südens Lange Zeit galt die Piottinoschlucht als unbezwingbar. SRF

Die enge Piottinoschlucht zwischen Rodi und Faido in der Leventina gilt lange Zeit als unpassierbar. Ähnlich wie in der Schöllenenschlucht im Norden, muss auch die Piottino umgangen werden.

Erst 1561 gelingt es den Urner Landvögten, eine Strasse zwischen die Felsen und den tosenden Fluss Ticino zu bauen: die sogenannte «Strada Urana».

Neue Strassen überdecken die alten Verkehrswege

1830 wird die Strasse befahrbar. Der junge Kanton Tessin baut seine erste Kantonsstrasse über das Trassee der Urner Strasse. Jetzt können auch Kutschen durch die Schlucht fahren. Etwa hundert Jahre später, 1934, kann die Talenge dank Tunnels ganz umfahren werden.

Foto der restaurierten Kantonsstrasse an einer Felswand. Es wächst Gras auf der Strasse.
Legende: Die restaurierte alte Kantonsstrasse durch die Piottinoschlucht. SRF

Niemand realisiert mehr, wie gefährlich die Passage einst war. Die historische Kantonsstrasse von 1830 verwildert und der Weg durch die Piottinoschlucht wird wieder unpassierbar.

Der Verein «Pro Media Leventina» entscheidet sich Ende der Neunziger Jahre, den historischen Verkehrsweg zu restaurieren. Zehn Jahre dauern die Arbeiten. 2003 können die Denkmalschützer den Weg als ein neues Highlight ins Tessiner Wanderwegnetz übergeben.

Der Saumweg von 1561 kommt wieder ans Licht

2013 stürzt ein markanter Mauerteil der restaurierten Kantonsstrasse von 1830 ein. Als die Denkmalschützer die Abbruchstelle besichtigen, erleben sie eine Überraschung.

Geröll an einer Felswand
Legende: «Strada Urana» An der Abbruchstelle kam ein Teilstück des Urner Saumweges von 1561 zum Vorschein. Fabio Janner

Drei Meter unter der Kantonsstrasse erkennt man einen Abschnitt des Saumwegs, der 1561 überbaut wurde.

Die anfängliche Freude wird jedoch bald zu einer schwierigen Diskussion, wie mit der Abbruchstelle verfahren werden soll.

Soll die «Strada Urana» von 1561 überdacht und somit erhalten werden?

Oder entscheidet man sich für eine vollständige Auffüllung und Wiederherstellung der Kantonsstrasse von 1830?

Tessiner Kantonsstrasse statt Urner Saumweg

Der Entscheid fällt auf eine möglichst vollständige und dauerhafte Wiederherstellung der Situation vor 2013: das freigelegte Teilstück der «Strada Urana» soll wieder zugeschüttet werden.

Foto der Abbruchstelle, die von einem Baugerüst umzäunt ist
Legende: Die Abbruchstelle: Zu Fuss kann sie weiterhin umgangen werden. SRF

Nur so könne das Gesamtbild der historischen Kantonsstrasse durch die Piottinoschlucht erhalten bleiben. Die sichtbaren Reste der Urner Strasse seien in relativ bescheidenem Umfang. Zudem ist beim Eingang zur Schlucht im Norden bereits heute ein grosses Teilstück der «Strada Urana» sichtbar, welches nie überbaut worden war.

Die Piottinoschlucht ist auch heute für Wanderer durchgehend passierbar. Bis 2018 will man die Rekonstruktionsarbeiten abgeschlossen haben.

Der kleine Abschnitt der «Strada Urana» wird nicht mehr sichtbar sein, ausser möglicherweise auf einer Informationstafel mit Fotografien und Erkärungen der Situation von 2013.

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