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Dahinden am Gotthard Wie die Holländer nach Uri kamen

Tolle Geschichten für die Dahinden-Serie zu finden, ist ein Hosenlupf, denn 2016 berichten fast alle vom Gotthard. In ihrer Kolumne in der «Zentralschweiz am Sonntag» beschreibt Sabine Dahinden, wie sie zum Motto «obäduurä!» und zu den Holländern kam.

Obäduurä!

«Mach was Du willst – aber mach einfach etwas anderes als die anderen!», sagt mein Chef. Schtäärnäfiifi, das ist aber eine knifflige Vorgabe für unsere Juli-Serie «Dahinden am Gotthard»!

Wirklich frei bin ich ja nicht, wenn alle anderen Sendungen und Zeitungen ebenfalls ständig über den Gotthard berichten. Bestimmt denken alle Journalisten sofort an Postkutsche, Tunnelbau und Teufelsbrücke und grasen mir die schönsten Themen vor der Nase weg.

Allerdings ist die Vorgabe des Chefs ein Steilpass, um von meinem Heimatkanton zu erzählen. Gut wäre, auch die moderne Seite Uris zu zeigen, nur dass es mir trotz Ratgebern im Kanton einfach nicht gelingen will, von bärtigen Berglern und stotzigen Hängen weg zu kommen. Wobei: schön ist das ja alles und «diä Uswärtigä» sollen einfach merken, dass hier keine weltfremden Schtiärägrindä leben, sondern schlaue Füchse und lebenserfahrene Reisevögel.

Ausserdem bringen die Auswärtigen den Duft der grossen weiten Welt seit Jahrhunderten in den Kanton hinein. Zum Beispiel die Deutschen und Holländer, die alljährlich von Norden her anrollen und mit ihren Wohnwagen die Passtrasse verstopfen.

Mein Produzent findet den Clou: parallel zu mir sollten wir ein holländisches Paar losschicken, das Uri und Tessin mit anderen Augen sieht als ich.

Avontuurlijke Nederlanders gzocht! Wie will met een televisionploeg door de Zwitserse bergen reizen?

Nun müssen wir sie nur noch finden, diese Holländer, die ein bisschen deutsch verstehen, lustig sind und doch kritisch, fröhlich, wagemutig und geduldig.

Ein einziges Mal erscheint der Aufruf: «Dahinden - Bitte mitnehmen!» auf der Facebook-Seite von Schweiz Tourismus in Amsterdam. «Wer begleitet uns an den Gotthardpass?» - «Avontuurlijke Nederlanders gzocht! Wie will met een televisionploeg door de Zwitserse bergen reizen?»

Kaum ist das Inserat online, blinkt es in meinem Maileingang, es melden sich Linda (Beilage: Bild mit grossem Matterhorn und kleinem Ehemann), es folgen Fons (mit Trompete), Flachland-Skilehrerin Liesbeth, Katja (mit sechs Kindern), Bart (der Schweizer Käse verkauft) und so weiter: pensionierte Paare, junge Familien.

«Wir lieben die Schweiz!», ist da zu lesen, «die Schweiz ist so sauber!». Die Bergwelt sei fantastisch und die Bewohner des Landes seien allesamt freundlich und vertrauenswürdig.

Ich muss die euphorischen Erwartungen der Bewerber dämpfen: Im Fernsehen sehen Sommerserien immer nach Ferien und Sonnenschein aus, in Wirklichkeit steckt viel Druck und Gehetze dahinter. Aber die Holländer lassen sich nicht abschrecken. Wir entscheiden uns für Ankie, Hanspeter und Sennenhund Dokan.

Und so werden wir nun bald losfahren, meine kleine TV-Truppe, die Holländer und ich. Dem Publikum wollen wir zeigen, was man verpasst, wenn man einfach an Uri und der Leventina vorbei fährt. Wir wollen schöne Täler auskundschaften und den Uristier bei den Hörnern packen. Inzwischen habe ich ein Motto für unsere Serie gefunden: «Obäduurä – und nit nur äifach dur ds Loch!»

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