Noch vor dem krönenden Schweizer Schlusspunkt mit Nino Schurter als Cross-Country-Olympiasieger und Matthias Flückiger auf Rang 6 im gleichen Rennen zog Ralph Stöckli im SRF-Studio vor Ort in Rio Bilanz. Der 40-Jährige ehemalige Spitzencurler sprach in seinem erfreulichen Fazit zusammen mit Jann Billeter über diese Punkte:
- Stöckli über die nüchternen Zahlen seiner Schweizer Delegation
Mit 7 Medaillen erreichte Swiss Olympic das Total von Peking im Jahr 2008. Gemessen an 3 Mal Gold handelt es sich sogar um die wertvollste Bilanz seit 20 Jahren (in Atlanta stellte die Schweiz 4 Olympiasieger). Darüber hinaus streicht Stöckli die 18 Diplome hervor, die es für eine Top-Klassierung gibt. Gegenüber London konnte diese Ausbeute verdreifacht werden. «Das sind geniale Leistungen und positive Zeichen für die Zukunft. Das ist eine grosse Masse nahe der Weltspitze, die sich weiterentwickeln lässt.»
- Stöckli über die gescheiterten Hoffnungsträger
Allen voran die Fechter – sie einmal mehr – oder die Springreiter haben als Medaillenkandidaten nicht gestochen. Der mangelnde Killerinstinkt oder aber das fehlende Quäntchen Wettkampfglück am Tag X können Gründe dafür sein. Stöckli dazu: «Auf diesem hohen Niveau findet der Unterschied zwischen den Ohren statt.»
- Stöckli über die ganz grosse Gefahr
Friede, Freude, Eierkuchen? Von wegen! Denn Stöckli verweist im Moment der Euphorie auch auf eine bedrückende Bestandesaufnahme, die kaum Steigerungspotenzial zulässt. «Es harzt in unserem Land am Commitment zum Leistungssport.» Die Zitrone sei ausgepresst, so müsste der Bundesrat dringendst neue Fördergelder sprechen.
Mit folgendem Beispiel veranschaulicht Stöckli die Situation. «Unser Rad-Teamchef hat abends im Village noch Pasta gekocht und steht früh am nächsten Tag wieder auf der Strecke. Derweil haben die Briten einen Ernährungsberater und Koch im Staff.»
- Stöckli über die Dopingproblematik
Russland schneidet als Nummer 4 im Medaillenspiegel ab – mit 56 eroberten Podestplätzen. Für Stöckli hat diese Bilanz einen faden Beigeschmack, da sie nur zustande kam, weil sich das Internationale Olympische Komitee (IOC) nach der russischen Staats-Dopingaffäre aus der Verantwortung stahl. Dabei findet Stöckli: «Das IOC muss in dieser Angelegenheit hart durchgreifen.» Obschon er Einzelfälle nicht ausschliessen kann, berichtet Stöckli von einem qualitativ hochwertigen Schweizer System im Kampf gegen Doping.
- Stöckli über Rio als Gastgeber
Es wurde über die schlechtesten Spiele überhaupt gespottet. Doch Stöckli stellt Brasilien keinesfalls ein so vernichtendes Zeugnis aus. «Wir haben gewusst, dass in Südamerika eine andere Kultur herrscht. Doch teils hat von den Besuchern die Einstellung und die Sensibilität gefehlt.» Obschon Geduld und Flexibilität gefragt waren, schliesst der Chef de Mission mit diesem Eindruck: «Wir haben uns hier wohl gefühlt, die Atmosphäre war sehr positiv.»
Sendebezug: Laufende Olympia-Berichterstattung