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© Maurice Haas Diogenes
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«Der Stotterer» von Charles Lewinsky

Charles Lewinskys neuer Roman «Der Stotterer» kommt wie ein pointenreicher Schelmenroman daher, aber eigentlich geht es um ein sehr ernstes, brisantes Thema, um die Macht des Wortes und der Literatur, und um Wahrheit und Lüge, die sich damit verbreiten lassen.

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Weil er stottert, setzt der Titelheld in Charles Lewinskys neuem Roman «Der Stotterer» ganz auf das geschriebene Wort, aus Notwehr, aber auch, um auf legale und illegale Weise Karriere zu machen. Er weiss die Macht der Sprache zu nutzen: Mit ihr rächt er sich an seinem Umfeld, an seinen Eltern und an deren Sektenführer, die glauben, das Stottern lasse sich mit Prügeln heilen.

Um dann vom Schreiben leben zu können, greift er auch zu Methoden jenseits der Legalität: Er wird zum sogenannten «Witwenschüttler», gibt sich gegenüber betagten, einsamen Frauen als verschollener Enkel aus, gewinnt mit warmen Worten ihr Vertrauen, hat aber vor allem ihr Erbe im Kopf. Mit einem nicht minder raffiniert verfassten Gegenbrief lassen ihn die Ermittler schliesslich auffliegen.

Im Gefängnis findet er rasch einen Gefängnispfarrer, der ihn zum Schreiben ermuntert und ihm dafür den begehrten Job in der Gefängnisbibliothek verschafft. Aber auch weniger philanthropisch gestimmte Mithäftlinge versuchen von seinem Schreibtalent zu profitieren.

Gescheit und mit viel Witz und Tempo zeigt Charles Lewinsky auf, wie rettend, aber zugleich gefährlich und sogar tödlich Schreiben sein kann. Das geschriebene Wort und besonders die Literatur sind alles andere als unschuldige Tätigkeiten: Sie können zwar lebensrettend sein, aber es lässt sich damit auch eine gefährliche, zuweilen sogar zerstörerische Macht ausüben, sobald Rache und Lüge allzu ungestüm triumphieren dürfen.

Buchhinweis:
Charles Lewinsky. Der Stotterer. Diogenes, 2019.

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