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«Der grosse Diktator» in Bern Das Lachen hätte auch im Halse stecken bleiben dürfen

Das Konzert Theater Bern bringt Charlie Chaplins Filmklassiker «Der grosse Diktator» auf die Bühne. Eine zwiespältige Premiere – trotz eines herrlichen Hauptdarstellers.

Dem Konzert Theater Bern ist ein kleiner Coup gelungen. Es hat sich die Rechte an Charlie Chaplins Meisterwerk «Der grosse Diktator» gesichert.

Diesen Filmklassiker auf die Theaterbühne zu bringen, ist aber auch ein Wagnis. Schon der Film ist eine subtile Gratwanderung zwischen bitterböser, entlarvender Satire und einfach lustiger Komödie.

Nah dran am Klassiker

Im fiktiven Thomanien herrscht Diktator Adenoid Hynkel. Die jüdische Bevölkerung wird schikaniert und geknechtet, Menschen verschwinden im Konzentrationslager. Ein jüdischer Coiffeur hat davon nichts mitbekommen.

Bühne: Ein Mann mit Militärhut, Kravatte steckt seine linke Hand in die Höhe. Neben und hinter ihm stehen weitere Männer und Frauen, die ebenfalls in Militärbekleidung und schwarzen Stiefeln stramm stehen.
Legende: Diktator Adenoid Hynkel, gespielt von Gabriel Schneider, ist eine Witzfigur, die das Publikum zum Lachen bringt. Annette Boutellier

Er hat sich im Ersten Weltkrieg eine Kopfverletzung mit Gedächtnisverlust zugezogen. Nach zwei Jahrzehnten kommt er als Veteran in seinen Coiffeursalon zurück. Bald machen ihm aber die Schergen des grössenwahnsinnigen Diktators Hynkel das Leben schwer.

Täter und Opfer in Personalunion

Charlie Chaplin übernimmt in seinem Film «Der grosse Diktator» die Rollen der beiden Protagonisten in Personalunion.

Auch auf der Berner Bühne spielt Hauptdarsteller Gabriel Schneider den jüdischen Coiffeur und den Diktator gleichzeitig. Meisterhaft beherrscht er das fiktive Kauderwelsch Hynkels aus dem Film.

Mann mit Uniform sitzt auf einem Schreibtisch und hält eine Weltkugel in der Hand.
Legende: Charlie Chaplin hat mit «The Great Dictator» (1940) einen Filmklassiker gedreht. Unvergessen ist sein Tanz mit der Weltkugel. imago images / Cinema Publishers Collection

Die Inszenierung von Cihan Inan hält sich eng an die Filmvorlage. Einige Dialoge und viele Slapstick-Einlagen aus Chaplins Original finden sich im Stück wieder. Die Bühne und Kostüme in Schwarz, Weiss und Grautönen gehalten, lehnen sich an die Filmästhetik in schwarz-weiss an.

Didaktischer Kommentar

Neu ist eine Erzählerinnenebene: Chantal Le Moign führt als eine Art Conferencière durch den Abend. Sie vermittelt historischen Kontext, erklärt Sprünge in der Handlung und beschreibt manchmal auch einfach das Bühnengeschehen.

Das ist etwas schwerfällig didaktisch und nimmt vor allem bis zur Pause viel Raum ein. Entsprechend will der Abend erst nicht so recht in Fahrt kommen. Aber da ist die grossartige Leistung von Gabriel Schneider.

Mann mit weisser Augenbinde steht auf einem Gerüst auf einre Bühne. Über ihm ist ein Stoffbanner mit der Aufschrift «Jude».
Legende: Einer für zwei: Hauptdarsteller Gabriel Schneider spielt auch den jüdischen Coiffeur – Täter und Opfer in Personalunion. Annette Boutellier

Er bleibt als jüdischer Coiffeur zwar etwas blass. Als Diktator hingegen brilliert er facettenreich von hysterisch-neurotisch über infantil-weichlich bis gefährlich-agressiv. Er spielt nah an Chaplins Original, ahmt ihn aber nicht einfach nach.

Appell an die Menschlichkeit

Die Szenen rund um Diktator Hynkel und seinen Stab haben grossen Unterhaltungswert. Das steigert sich, als dann Benzino Napoloni alias Mussolini die Bühne betritt und Reichspropagandaleiter Garbitsch dringend rät, den Konkurrenten zu übertrumpfen.

Trotz aller Unterhaltung: Man wünscht sich an dem Abend, dass einem das Lachen auch einmal im Halse stecken bleibt. Nicht zuletzt ist ein Völkermord Hintergrund dieser Geschichte.

Und auch wenn manch impulsiver Ausbruch des Diktators an einen gewissen twitternden Präsidenten erinnert, ein aktueller Bezug wird nicht wirklich spürbar.

Das Finale ist und bleibt jedoch ergreifend und geht unter die Haut. Der jüdische Coiffeur wird mit Diktator Hynkel verwechselt und muss unverhofft vor einem Millionenpublikum sprechen. Sein Appell an die Menschlichkeit gilt damals wie heute.

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