Matthias Schweighöfer legt noch einen drauf: Nach «Schlussmacher» und «Vaterfreuden» soll «Der Nanny» das Publikum ins Kino locken. Schweighöfer spielt den skrupellosen Immobilienhai und Witwer Clemens, der keine Zeit für seinen Nachwuchs findet. In einem seiner dem Abriss freigegebenen Häuser wohnt der Loser Rolf (Milan Peschel). Der schleicht sich bei Clemens als Nanny ein, um sich an ihm zu rächen. Die beiden Kinder tun ihr übriges, um das Chaos perfekt zu machen: Gecrashte Ferraris, sterbende japanische Zierfische, Sprengstoff und sprechende Tintenfische gehören zur komödiantischen Requisite. Dazu flotte Sprüche von allen Beteiligten.
Das Zitat
«Weisst du, was die beste Nanny ist? Verhütung!» – das sagt im Film «Der Nanny» ein Mann. Und um Männer geht es im Grunde die ganze Zeit – zumindest nicht wirklich um den Nachwuchs. Männer machen Geschäfte. Männer haben Kinder, aber keine Zeit. Andere Männer haben Zeit, aber keine Wohnung. Männer gegen Männer. Und Männer für Männer. «Der Nanny» suggeriert, dass es um Liebe, Freundschaft und Familie ginge. Darum, den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen und doch einen Pfad zu finden. Darum, den Weg des Herzens wieder zu finden und den des herzlosen Geschäftemachens zu verlassen. Stimmt aber alles nicht. Es geht einfach nur um Männer.
Der Schöpfer
Hinter «Der Nanny» steckt Matthias Schweighöfer als Drehbuchautor, Matthias Schweighöfer als Produzent, Matthias Schweighöfer als Regisseur und Matthias Schweighöfer als Hauptdarsteller Clemens. Klar, nebendran gibt es auch noch andere Drebuchautoren, Produzenten, Regisseure und Darsteller. Zum Beispiel Milan Peschel als Nanny Rolf. Der ist immer dabei, wenn Matthias Schweighöfer ein Drehbuch schreibt, produziert und Regie führt. Milan Peschel ist sozusagen die Antithese von Matthias Schweighöfer.
Die Strategie
Unter verkaufsstrategischen Überlegungen ist «Der Nanny» freilich genial. Schweighöfer imitiert in beinahe allen Belangen sein sehr erfolgreiches Ebenbild: Til Schweiger. Während Schweigers Fans sowohl jünger als auch älter werden, wenn er sich filmisch um Tochter Emma und den dementen Vater (Didi Hallervorden in «Honig im Kopf», immerhin der erfolgreichste deutsche Film in der Schweiz aller Zeiten) kümmert, bedient Schweighöfer die Generation dazwischen mit deutschem Flachhumor. Ein bisschen cooler, ein bisschen zynischer und alles im allem sehr rausgeputzt, einfach hygienischer. Dazu passt Schweighöfers Casting perfekt: Mit Joko Winterscheidt holt er sich den Kultmoderatoren der TV-Show «Circus HalliGalli» ans Set und promotet als Gast ebendieser Show seinen Film. Da wäscht eine Hand die andere, trotz bereits existierender Sauberkeit. Am Ende halten alle zusammen ihre Hände auf. Absolut gelungen!
Das Urteil
Das Urteil einer Frau über die Frauen in «Der Nanny»: Von der Ferne sind einige Hostessen zu bewundern. Ironisch überspitzt als Accessoires drapiert. Ein Witz am Rande. Sie sehen aus, als seien sie bei Heidi Klum zum Casting. Hier ein gesellschaftskritisches Statement hineinzuinterpretieren, wäre allerdings wagemutig. Stattdessen präsentiert uns Schweighöfer drei mögliche Frauentypen: Die tote Heilige, mit der alles gut wäre, die aber aufgrund ihres Zustandes nicht mehr viel zu melden hat. Die sehr reiche, verwöhnte Karrierefrau, die sexuell befriedigt werden muss, denn guter Sex ist alles, was ihr fehlt. Und schliesslich das stille, nette Schnurrekätzchen. In diesem Fall hinter den Tresen einer Alternativkneipe versorgt und grosszügig berechnete acht Minuten auf der Leinwand zu sehen. Für die interessierte Zuschauerin empfiehlt sich, wenn überhaupt, eine Identifizierung mit der Verstorbenen. Totgestellt überlebt sich der Film in jedem Fall besser!
Kinostart: 26.3.2015