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Film & Serien Film-Tipp des Tages: «Die Kunst zu gewinnen – Moneyball»

Das 08/15-Script für den erfolgreichen Sportfilm: Der Underdog schafft es, sich in einem dramatischen Finale trotz übermächtiger Rivalen, raffgieriger Sportunternehmer sowie aalglatter Technokraten durchzusetzen. «Moneyball» erzählt diese sattsam bekannte Geschichte für einmal etwas anders.

Das mögen Sportfans: Nobody-Mannschaft bringt eine Saison lang die Liga-Routine durcheinander. Die reichen Clubs und ihre sorgfältig austarierten Equipen mit Stars auf allen Positionen werden von «armen» Teufeln herausgefordert, die weiter nichts als ihre Spielfreude in die Waagschale werfen können. Für einen Augenblick glaubt man tatsächlich: Jeder kann es schaffen, bevor dann die Routine wieder einsetzt, der Markt spielt, die reichen Clubs das Überraschungsteam am Ende der Saison ausweiden und die Wunderkinder vom Profisportzirkus absorbiert werden.

Zweite Chance im Baseball-Zirkus

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Dienstagnacht um 23:50 auf SRF zwei

Auch das Genre des Sportfilmes lebt von solch dramatischen Läufen. Realisiert von gebrochenen Gestalten, die sich nach einer Phase der Lethargie wieder aufrappeln und dann, oft im Verbund mit jungen Aussenseitern, gegen jede Chance zum Sieg emporschwingen. So gesehen bietet «Die Kunst zu gewinnen – Moneyball» von Bennett Miller wenig Neues. In diesem nach einer wahren Begebenheit erzählten Film spielt Brad Pitt Billy Beane, den Manager des hoffnungslos unterfinanzierten Baseball-Teams der Oakland Athletics. In jungen Jahren war Beane als Spieler ein hoffnungsvolles Talent und zerbrach an den Erwartungen. Jetzt, heimgesucht von seinem frühen Misserfolg, einer zerbrochenen Ehe und einer entfremdeten Tochter, sucht er nach Erlösung, indem er als General Manager sein Team auf die Erfolgsschiene bringt.

Die Chancen, diesen Traum mit den Oakland A's zu verwirklichen, stehen aber schlecht – so schlecht etwa wie die Chancen, nach diesen Vorgaben einen spannenden Film zu drehen. Einen Film, der zudem den an Baseball notorisch desinteressierten Rest der Welt begeistert. Ähnlich wie Beane aber schafft auch Regisseur Bennett Miller mit «Moneyball» die Überraschung. Und dies, obwohl er die in anderen Sportfilmen jeweils zentrale grosse Motivationsrede auslässt, die sonst gern ins Bild gesetzten Aufbautrainings meidet und für die überkochende Stimmung während Schicksalsspielen nicht viel übrig zu haben scheint.

Spitzenteam per Knopfdruck

Stattdessen dominieren hitzige Rededuelle in anonymen Büroräumen und Sitzungszimmern. Zu bereden haben die involvierten Herren dann tatsächlich einiges. Denn Beane zettelt zusammen der heimlichen Hauptfigur des Filmes, dem Analytiker Peter Brand (Jonah Hill), gerade eine Revolution an. Nachdem die Oakland A's 2001 einmal mehr in den Play-Offs scheitern und zu wenig Geld zur Verfügung steht, um am Saisonende die besten Spiel halten zu können, ist für Beane die Zeit für radikales Umdenken gekommen.

Der käsige Yale-Abgänger Brand, der von Baseball wenig Ahnung hat, weist ihm den Weg. Der Nerd hat ein Analyseprogramm von Baseballspielern weiterentwickelt, anhand dessen Beane nun ein neues Kader für die Saison 2002 zusammenstellt. Nach diesen Massgaben heuert Beane aussortierte oder gar teilinvalide Profis an. Nicht nur die übergangenen Scouts toben, auch Trainer Art Howe (Philip Seymour Hoffman) macht Stunk, und auch dem Sportsfreund stehen die Haare zu Berge. Kann es denn sein, dass blosse Statistik und nicht auch individuelles Bauchgefühl über Aufstellungen entscheidet? Fördert nicht genau diese Entwicklung die Planbarkeit von Ergebnissen und die Übergabe des Spiels in die Hände von Technokraten und Eventmanagern?

Im Rausch der Zahlen

Bennett Miller nimmt hierzu keine Stellung. Stattdessen verlagert er den Fokus auf ein anderes Feld. Auch hier kämpfen Aussenseiter gegen mächtige Traditionalisten und setzen dabei alles auf eine Karte, mit der sehr reellen Gefahr, alles zu verlieren. Bloss jonglieren diese Player statt mit Bällen mit Zahlen, und es macht Spass, Jonah Hill - diesen nach wie vor unterschätzten Schauspieler – dabei zu beobachten, wie er sich als Peter Brand mit Fortlauf der Saison hinter dem Computer richtiggehend in einen Spielrausch steigert.

Regisseur Bennett Miller mag das sattsam bekannte «wer wagt, gewinnt» zum x-ten Mal durchkauen. Doch der Perspektivenwechsel, das Duell auf ungewohntem Terrain und mit unerwarteten Protagonisten machen «Moneyball» zum Volltreffer.

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