Er weigert sich, im Kriegsdienst zu töten. Vor allem aber verweigert Franz Jägerstätter den obligatorischen persönlichen Treueschwur auf Adolf Hitler. Dabei wäre der Bauer aus dem österreichischen Sankt Radegund durchaus kompromissbereit. Als Feldsanitäter würde er Dienst leisten.
Der Richter (Bruno Ganz) scheint beeindruckt von der klaren Haltung des Mannes (August Diehl), der nach Wochen und etlichen Misshandlungen im Berliner Militärgefängnis Tegel stoisch bleibt.
Philosophisch durchkämmt
Ob er über ihn urteilen würde, fragt der Richter seinen Angeklagten. «Es steht mir nicht zu, über andere zu urteilen. Aber ich weigere mich zu tun, was ich für Unrecht halte.» Der Richter: «Haben Sie das Recht, sich zu weigern?» Jägerstätter: «Haben Sie das Recht, sich nicht zu weigern?»
Es ist die Kernfrage des drei Stunden langen Filmes. Und es ist die Frage, die schon in den Filmen über die «Weisse Rose» verhandelt wurde – knapper und brennender. Dass Malick mit seinem philosophisch durchgekämmten Weltverständnis sie verhandelt – es ist nicht erstaunlich.
Auch der Umstand, dass er den Einzelnen, der die Sache durchzufechten bereit ist, in seiner Kernfamilie ansiedelt, inmitten der nährenden Natur eines österreichischen Bergtals, schliesst nahtlos beim Familiendrama «Tree of Life» (2011) an.
Die erste Stunde des Films erzählt von einem versteckten Leben, von Franz Jägerstätter und seiner Frau, seiner Mutter, seiner Schwägerin und seinen drei kleinen Töchtern. Sie bewirtschaften einen Hof, leben von der Natur und der Arbeit ihrer Hände und gehen regelmässig in die Kirche.
Aber warum muss das in Tableaus von Wiesen, Gewässern, Kühen und Bergen gegossen werden? Warum wartet man dauernd darauf, dass vor dem Bergpanorama auf der satten grünen Wiese mit den braven Sense schwingenden Bauersleuten der Kaiser Franz mit seiner Sissi einreitet? Dass Julie Andrews mit «The Sound of Music» (1965) losschmettert?
Bilder und Ballast
Die Natur-Apotheose ist Teil von Malicks Bilderwelt. Und das Argument, man dürfe diese Bilder nicht den Blut-und-Boden-Nazis überlassen, man müsse sie von ihrem Ballast befreien und wieder dem Glauben an die Menschheit zuführen, kommt regelmässig von den Malick-Fans.
Vielleicht hat das was. Aber wer diesen Film gesehen hat, weiss, dass neben Franz und seiner Familie in ganz Sankt Radegund nur noch zwei, drei gute Österreicher gelebt haben.
Der von Johannes Krisch gespielte Müller, die alte Witwe und – schon nicht mehr ganz so gut – der Dorfpfarrer. Alle anderen haben sich von dem «Verräter» an der Sache des Volkes abgewendet und seine Familie gepiesackt, kaum war er im Gefängnis.
Natürlich kann man genau so gut argumentieren, das sei jetzt der richtige Film zur richtigen Zeit. Die Gefahr des dumpfen Mitläufertums besteht überall wieder neu, und ein Mensch, der nicht nur zu seiner Gesinnung steht, sondern zu dem, was moralisch richtig ist, tut Not.
Lassen wir Malick predigen. Mit seinen grossen Bildern zum einfachen Leben, mit seiner grossen Jukebox der herrlichen Weisen, von Bach bis Pärt und noch ein wenig James Newton Howard, wenn die Klassiker nicht reichen.
Verpasste Chance
Franz Jägerstätter – es hat ihn gegeben, die katholische Kirche zählt ihn zu den Seligen – gebührt ein Angedenken. Sein «Hidden Life», sein verstecktes Leben und Leiden, dürfen und sollen ans Tageslicht geholt werden und sicher auch auf die Leinwände dieser Welt.
Aber ein einfacher, bescheidener Film hätte vielleicht weniger von diesem versteckten Leben abgelenkt.