Es war einmal der 21. Juni 2019. Ein Tag wie jeder andere in der Schweiz. Mit einer 3-minütigen Videobotschaft auf der Webseite von «20 Minuten» rief Regisseur Michael Steiner (« Wolkenbruch », « Das Missen Massaker ») die Schweizer auf, sich an diesem Tag zu filmen.
Die Menschen schickten 1400 Minuten Material. Steiner hat aus den Clips einen stimmungsvollen Film gebastelt.
Der fertige Dokumentarfilm «Switzerlanders» zeigt Menschen in ihrem Alltag. Vom emotionalen Moment einer Geburt bis zum «hässigen» Citoyen: «D’Schwiiz isch also es richtigs Schiiss-Land».
Das Original: «Life in a Day»
Die Idee für diese Art von Dokumentation stammt vom britischen Regisseur Ridley Scott. Am 24. Juli 2010 filmten Menschen auf der ganzen Welt ihren Alltag. 80'000 Videos aus 190 Ländern bekam Ridley Scott geschickt. Das Resultat hiess «Life in a Day».
Der Dokumentarfilm zeigte, dass es viele kleine Alltagssituationen gibt, die alle Menschen auf diesem Planeten vereinen. Egal ob die Menschen arm oder reich sind und in welcher Kultur sie leben.
Dinge, wie gemeinsam Essen, Zähneputzen, Heiraten. Diese intimen Momente machten «Life in a Day» reizvoll.
Zahlreiche Länder haben das Konzept übernommen. Unter anderem «Britain in a Day» (2012), «Japan in a Day» (2012), «Italy in a Day» (2014), «India in a Day» (2019). Und jetzt eben die Schweizer Variante.
Starke Stimmen
In einem der stärksten Momente von «Switzerlanders» erzählt ein Jugendlicher von seinem Asperger-Syndrom.
Er erzählt, dass Asperger für ihn keine Behinderung ist, auch wenn die meisten Ärzte das sagen. Natürlich sei sein Leben nicht problemfrei: «Ich mach mir Sorge, dass ich spöter nur alleige wird sii, dass ich kein feschte Partner oder Partnerin wird ha», meint er nachdenklich.
Irritierende Schleichwerbung
Der Anfang der Dokumentation aber irritiert. Sie beginnt mit einer Ansage aus dem Radio «20 Minuten»: «Jetzt chunt öppis mega kuls. Händ ihr scho vom gröschte Filmprojekt vo de Schwiiz ghört?»
Während die Moderatorin erzählt, worum es geht, sieht man wie die Gratiszeitung «20 Minuten» gedruckt wird. Zum Schluss ruft sie auf, sich an der nächsten Tramstation die aktuelle Ausgabe zu schnappen.
Solche Schleichwerbung hätte die Dokumentation nicht nötig gehabt.
Ein aktuelles Porträt, das keines ist
Das Projekt kommt in einem ungünstigen Moment. Das Problem: 2019 scheint eine Ewigkeit her.
Das Land im Hier und Jetzt abbilden, das war das ursprüngliche Ziel. Heute hat der Film etwas Nostalgisches. Denn «Switzerlanders» zeigt die Massen-Demos der Klimajugend. Und volle Schwimmbäder. Bilder aus einer anderen Zeit.
Der Film wirkt wie ein Blick in die Glaskugel, die uns verrät, auf was wir uns nächstes Jahr hoffentlich wieder freuen können. Die Macher hätten mit der Veröffentlichung von «Switzerlanders» vielleicht lieber noch ein Jahr warten sollen.
Ab 21.05.2020 auf VOD / DVD