Der iranische Regisseur Jafar Panahi hat sich in den letzten Jahren eine solide Karriere aufgebaut: Der Künstler setzt unbeirrt Filme in die Welt, obwohl er das gar nicht dürfte.
Vor mittlerweile acht Jahren erteilte ihm der iranische Staat ein Arbeits- und Ausreiseverbot. Er soll versucht haben, regimekritisches Material zu verbreiten.
«Three Faces» ist nun bereits der vierte Spielfilm, den Jafar Panahi in seinem Heimatland ohne Bewilligung produziert hat. Wie die ersten drei Filme ist er in der Halblegalität entstanden.
Auch dieses Mal tritt Panahi persönlich auf und spielt sich selbst, wenn auch in einem fiktionalisierten Kontext. Und wie bereits zuvor tut er es nicht auf eine rebellische, sondern auf eine amüsante, schlitzohrige Weise – in einer Nebenrolle.
Eine verzweifelte Videobotschaft
«Three Faces» dreht sich nur am Rand um Panahi und seine ausserordentliche Situation. Gelegentlich wird in den Dialogen auf seine Lage angespielt, doch im Zentrum der Handlung stehen andere Menschen.
Es sind drei Gesichter, die den Film ausmachen: drei Schauspielerinnen aus drei verschiedenen Generationen – ein Nachwuchstalent, ein TV-Star und eine Veteranin.
Auslöserin der Handlung ist die jüngste Schauspielerin: Sie zeichnet mit dem Handy eine verzweifelte Videobotschaft auf. Es ist ein Hilferuf an die Adresse der TV-Darstellerin, ihrem grossen Idol.
Doch für Hilfe ist es zu spät. Das Mädchen legt sich vor laufender Kamera einen Strick um den Hals und erhängt sich.
Die prominente Empfängerin des Videos (Behnaz Jafari, ebenfalls als sich selbst zu sehen) macht sich daraufhin mit Jafar Panahi auf den Weg, um den Ursprung des makabren Suizid-Clips zu klären. Die spontane Reise in Panahis Auto führt in ein abgelegenes iranisches Dorf an der türkischen Grenze.
Wenn Bilder lügen
Die Geschichte von «Three Faces» ist angelegt als eine Spurensuche. Aber es geht nicht nur um das Aufarbeiten eines tragischen Vorfalls, sondern auch um die subversive Kraft von bewegten Bildern im Allgemeinen.
Von Anfang an bezweifeln Jafari und Panahi die Echtheit des Clips. Versteckt sich hinter den verstörenden Bildern womöglich eine ganz andere Wahrheit?
«Three Faces» löst das Rätsel in der zweiten Hälfte auf. Doch zu diesem Zeitpunkt ist der Film längst kein doppelbödiges Drama mehr, sondern eine überraschend gutmütige Gesellschaftssatire: Die Gegend, in der sich Jafari und Panahi aufhalten, ist bevölkert mit liebenwerten, gastfreundlichen, aber ziemlich kuriosen Gestalten.
Die junge Selbstmörderin mit ihrer erträumten Schauspielkarriere hätte zu den «Gauklern» gehen wollen, lautet etwa die landläufige Meinung. Und das ist noch nicht einmal böse gemeint.
Der Stolz des Dissidenten
Panahi filmt das alles ohne Groll, dafür aber mit viel Selbstironie. Es ist sein persönlicher Blick auf die heutige iranische Gesellschaft, die er anekdotenreich und treffend porträtiert. Er selbst sitzt manchmal im parkierten Auto und blickt aus der Ferne auf das Dorf.
Er scheint zu schmunzeln, die Augen hinter seiner getönten Brille scheinen zu flackern beim Herunterschauen auf diese eigentümliche, metaphorische Welt, die er sich da ausgedacht hat.
Ein wenig stolz ist er vielleicht darauf, dass ihn nach wie vor niemand daran hindern kann, uns seine Geschichten zu erzählen.
Kinostart: 27.12.2018