David Sheff (Steve Carell) scheint alles richtig gemacht zu haben. Er ist ein renommierter Journalist und wohnt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im idyllischen Marin County, Kalifornien. Zu seinem Sohn Nic (Timothée Chalamet) aus erster Ehe hat er ein enges Verhältnis – enger als die meisten Söhne und Väter, wie er glaubt.
Doch dass die Realität eine andere ist, muss David schmerzhaft feststellen: Nic konsumiert heimlich exzessiv Drogen. Erst Alkohol und Marihuana, dann Ecstasy und schliesslich Crystal Meth.
Nic entfremdet sich von seinem Vater so sehr, dass David seinen Sohn irgendwann nicht mehr zu erkennen glaubt.
Entgegen der Klischees
«Beautiful Boy» ist in einem atypischen Setting für ein Drogen-Drama angesetzt. Die Geschichte spielt nicht in einem Armenmilieu, sondern in der liberalen Mittelschicht. Die Botschaft: Es kann jeden treffen.
Es ist der erste englischsprachige Film des belgischen Regisseurs Felix van Groeningen («The Broken Circle», «Café Belgica»). Er widmet sich einem aktuellen Thema: Drogen-und Medikamentenmissbrauch ist die Haupttodesursache der unter 50-Jährigen in den USA.
Den Fokus legt van Groeningen nicht auf Voyeurismus und Sensationslust, sondern auf die Auswirkungen einer Drogensucht auf die Dynamik einer Familie.
Zwischen Höhen und Tiefen
«Beautiful Boy» verzichtet auf einen chronologischen Ablauf der Geschehnisse. Nics Entwicklung wird uns auf unterschiedlichen Zeitebenen und mit Flashbacks aus unbekümmerten Tagen gezeigt.
Dies versinnbildlicht die Orientierungslosigkeit in der sich Vater David oft befindet – auch wenn dabei das Verständnis des Plots manchmal leidet.
Zusammen mit Vater David durchleben wir das Pendeln zwischen Hoffnung und Ohnmacht. Seine Verzweiflung und Liebe zu seinem Sohn wird spürbar.
Eine wahre Geschichte
Der Film müsste dabei jedoch den Perspektiven beider Protagonisten gerecht werden. Das Drehbuch basiert schliesslich nicht nur auf den Memoiren des echten David Sheff («Beautiful Boy: A Father’s Journey through His Sons Addiction») sondern auch auf denen seines Sohnes Nic Sheff («Tweak: Growing Up On Methamphetamines»).
Der Film verfehlt es jedoch, Nics Erleben greifbar zu machen. Über die Gründe seiner unersättlichen Gier nach «Crazyness» erfährt der Zuschauer zu wenig und muss sich mit vagen Äusserungen wie dem «Füllen eines inneren schwarzen Lochs» und dem Drang, dem banalen Alltag zu entkommen, begnügen.
Gelungenes Porträt
Während Comedy-Star Steve Carrell in der Rolle des besorgten Vaters erneut beweist, dass er auch in ernsten Rollen brilliert, enttäuscht der Hollywood-Jungstar Timothée Chalamet. Die Rolle des Drogenabhängigen nimmt man ihm oft nicht ab.
Felix van Groeningen ist «Beautiful Boy» trotzdem ein berührendes Porträt einer Vater-Sohn Beziehung gelungen – ganz ohne Kitsch.
Kinostart: 24.01.2019