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67. Berlinale Premiere für Schweizer Kurzfilm in Berlin

«In a Nutshell»: Fabio Friedlis Animationsfilm bildet die unfassbare Welt in einem Kurzfilm ab. An der Berlinale feiert der Film Weltpremiere.

SRF: Sie haben mal gesagt, Sie hätten aus Trotz mit dem Filmen angefangen. Inzwischen haben Sie schon etliche Preise gewonnen und sind aktuell mit «In a Nutshell» im Kurzfilmwettbewerb der Berlinale vertreten. Offensichtlich lässt sich mit Trotz Karriere machen?

Fabio Friedli: (lacht)...Das war natürlich ein harmloser Trotz. Ich war damals im gestalterischen Vorkurs im schweizerischen Langenthal. Den fand ich etwas öde. Die ganze Klasse musste zwei Tage lang dasselbe Objekt zeichnen und am dritten Tag kam das nächste Objekt.

Trotzdem wollten Sie erst mal Architektur studieren. Daraus ist aber nichts geworden...

Das wurde relativ schnell klar. Ich war an der ETH und hatte mir vorgestellt, dass das mit der Architektur etwas ist, was sehr erfüllend sein muss. Ich wollte Räume schaffen und damit berühren.

Die Realität sah etwas anders aus. Zu dieser Zeit habe ich bereits viel Musik gemacht. Damals liefen meine Songs zum ersten Mal im Schweizer Radio DRS3. Währenddessen machte ich mein Architekturpraktikum, verdiente gerade mal 300 Schweizer Franken und baute Modelle. Mir war klar, wenn ich mich für die Architektur entscheide, muss ich es lassen mit der Musik.

Intuitiv haben Sie richtig entschieden. Heute sind Sie ein erfolgreicher Musikproduzent, Musiker und Animationsfilmer. Ihr Kurzfilm «In a Nutshell» feiert an der Berlinale Weltpremiere. Was bedeutet Ihnen dieser Auftritt?

Es ist natürlich eine grosse Ehre und eine Genugtuung, denn man arbeitet sehr lange an einem solchen Film. An diesem Kurzfilm haben wir zwei Jahre lang gearbeitet.

Man verliert ziemlich schnell die Perspektive und fragt sich dann: Hat das wirklich eine Dringlichkeit? Hat es einen Wert? Ohne die Antwort zu wissen, arbeitet man unermüdlich weiter. Dann plötzlich ist der Film fertig und man schickt ihn raus in die Welt. Eine solche Plattform zu haben wie die Berlinale ist natürlich toll.

«In a Nutshell» ist eine englische Redewendung und bedeutet: zusammengefasst, komprimiert. Kurz und trotzdem gehaltvoll. Was wollen Sie damit thematisieren?

Auf der Filmschule habe ich gelernt, dass man mit zwei Sätzen auf den Punkt bringen muss, was man mit seinem Film aussagen will. Mit «In a Nutshell» verstosse ich gegen diese Regel. Ich versuche die Welt zu erfassen mit einem figurativen Experimentalfilm. Das ist per se ein Unterfangen, welches scheitern muss, weil das ja auch eine sehr individuelle Angelegenheit ist, wie man für sich Themen betrachtet und sie abhandelt.

Ist es ihre Perspektive, wie Sie die Welt wahrnehmen?

Auf jeden Fall. Es ist eine übersetzte Wahrnehmung, die sehr künstlerisch ist. Im Vordergrund steht der Gedanke die Welt zu erfassen. In diesem Film zeige ich das mit Gegenständen. Es ist vor allem eine Anspielung auf den gigantischen Materialismus, in dem wir uns bewegen.

Die Berlinale ist ja bekannt für seine politischen Filmbeiträge. Auch Sie haben bereits mit mehreren Kurzfilmen politische Statements gesetzt. Was wollen Sie damit erreichen?

Da stellt sich natürlich die Frage, was kann man damit überhaupt erreichen? Man ist ja Künstler und nicht Politiker, aber ich finde gerade als Künstler sollte man Verantwortung übernehmen und sich positionieren. Das ist mir mit «Bon Voyage» gelungen. Ich habe immer wieder mit Flüchtlingen gesprochen. Meine Hoffnung war, dass ich mit diesem Film Empathie erzeugen kann.

«Bon Voyage» wird als rabenschwarzes Stück bezeichnet, welches auch aus der Feder von Dürrenmatt stammen könnte. Sie haben damit auch bei hochrangigen Politikern Aufmerksamkeit erzeugt. Wie war das möglich?

Plötzlich habe ich eine E-Mail erhalten vom Assistenten der Bundesrätin. Sie sagten, dass ihnen zu Ohren gekommen sei, dass ich diesen Film gemacht hätte und es würde sie interessieren, was das gemeine Volk von ihrer Politik halte. Ich konnte ihnen einen Link schicken. Das fand ich ein eindrückliches Erlebnis. Was «Bon Voyage» betrifft, habe ich bis heute Anfragen von Menschen, die sich für Migranten engagieren und versuchen, ihnen zu helfen. Der Film ist nicht nur für «Nerds», er hat auch eine gesellschaftliche Relevanz.

Ihnen wurde gesagt, Sie hätten den Schweizer Film wieder politisiert. Sehen Sie sich als einen politischen Filmemacher?

Ja, vielleicht noch mehr als gesellschaftskritischer Filmemacher. Es geht ja in erster Linie vor allem um den Menschen und das Soziale und nicht um die Politik. Trotzdem sind alle Felder eng miteinander verbunden.

Haben Sie Pläne für die Zukunft?

Nachdem eine Arbeit beendet ist, kommt immer erst mal das grosse schwarze Loch. Dann kommt die Frage: was mache ich jetzt? Ich begegne dieser Frage, in dem ich noch mehr arbeite. Eines Tages würde ich gerne einen Langfilm produzieren. Ich beobachte mit grosser Freude, dass der Film «Ma vie de Courgette» des Schweizer Regisseurs Claude Barras für einen Oscar nominiert wurde. Der Film ist ein Meisterwerk. Ich hoffe auch mal in diese Fussstapfen treten zu dürfen.

Das Gespräch führte Andrea Meier.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei 3sat.de, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen.

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