Jacob Burckhardt (1818 bis 1897) gilt als der bedeutendste Historiker der Schweiz. Seine Werke wurden in alle europäischen Sprachen übersetzt – und sogar ins Japanische.
Warum Burckhardt so prägend war und warum er auch heute noch teilweise umstritten ist, das zeigt eine Ausstellung « Desktop – Jacob Burckhardt Digital » im Historischen Museum Basel.
Mit Virtual Reality in die Geschichte reisen
Wahrscheinlich hätte Jacob Burckhardt an dieser Schau Freude gehabt, setzt sie doch modernste, mediale Mittel ein, um uns den berühmten Wissenschaftler näher zu bringen.
Burckhardt selbst interessierte sich stark für den Medienwandel im 19. Jahrhundert. Was für uns heute die Virtual Reality bedeutet, das war damals das Aufkommen der Fotografie – Burckhardt hat sie für seine Arbeit als Historiker genutzt.
«Burckhardt hat Fotos, Bilder, aber auch Literatur und Kultur im Allgemeinen in die Geschichtsforschung mit einbezogen und sie dadurch auf eine breitere Basis gestellt», sagt Lucas Burkart, Professor für Geschichte an der Universität Basel, der die Ausstellung mitgestaltet hat.
Davor konzentrierte sich Geschichtsforschung lediglich auf Textquellen aus den Bereichen Staat und Politik.
«Herumspringen» in Burckhardts Schreibtisch
Der Blick auf Burckhardts Originalschreibtisch mit vielen kleinen Ablagefächlein zeigt, dass der studierte Theologe und Historiker ein grosser Freund war von Organisation.
In der virtuellen Ausstellung «springt» man sozusagen in diese Fächer hinein. Jedes Fach ist ein Raum, der einem bestimmten Thema gewidmet ist. Darin finden sich Ausschnitte aus Burckhardts Fotosammlung, sowie eine Unmenge von Zitaten.
Unter anderem äussert Burckhardt sein Unverständnis darüber, dass sich Menschen fotografieren lassen, anschliessend aber ihre Unvollkommenheiten, wie etwa Falten, von einem Maler wieder ausbessern lassen.
Burckhardt und der Antisemitismus
Als Burckhardt 1995 die 1000-Franken-Note zieren sollte, sorgte das für Kritik. Vor allem wegen seiner Judenfeindlichkeit. Antisemitische Äusserungen, zum Beispiel in seinen Briefen, sind eindeutig.
«Diese Beobachtung ist zu benennen. Man muss diskutieren, was sie für sein Werk bedeutet und darf sie nicht unter den Teppich kehren», sagt Historiker Lucas Burkart.
Er gibt gleichzeitig zu bedenken, dass der Antisemitismus des 19. Jahrhunderts ein anderer ist als jener, den wir in der Gegenwart erleben: «Der Antisemitismus des 19. Jahrhunderts ist nicht zu entschuldigen und auch nicht weniger hässlich. Aber es nicht der Antisemitismus von 1945.»
Die Ausstellung in Basel verschweigt diese Aussagen nicht. Entsprechende Zitate aus Burckhardts Briefen können nachgelesen werden.
Leidenschaftlicher Historiker
Der Fokus der Ausstellung liegt aber eindeutig auf Burckhardts Tätigkeit als Historiker. Und zeigt die Leidenschaft, die der Basler für sein Fachgebiet hatte.
Die virtuelle Form der Ausstellung ist ein Experiment, wie sich heute Geschichte vermitteln lässt. Und macht Sinn: Wahrscheinlich wäre Burckhardt von der virtuellen Realität genau so fasziniert gewesen wie damals von der Fotografie.