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Gesellschaft & Religion «Die Kunst ist frei – die AfD will das ändern»

Die «Alternative für Deutschland» hat in drei deutschen Bundesländern den Einzug in den Landtag geschafft. Die Partei meldet sich vor allem in Asylfragen zu Wort, doch auch in der Kulturpolitik plant sie Veränderungen. Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des deutschen Kulturrats, schlägt Alarm.

Im Wahlprogramm der AfD heisst es: «Die Bühnen des Landes Sachsen-Anhalt sollen neben den großen klassischen internationalen Werken stets auch klassische deutsche Stücke spielen und sie so inszenieren, dass sie zur Identifikation mit unserem Land anregen.» Eigentlich gibt ja die Politik das Geld, aber sie bestimmt nicht, welche Kunst damit gemacht wird. Ändert sich mit der AfD etwas an dieser bisherigen Freiheit?

Olaf Zimmermann

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Legende: imago/ipon

Olaf Zimmermann ist seit 1997 Geschäftsführer des deutschen Kulturrates, dem Zusammenschluss der deutschen Kulturverbände. Der Kulturrat begreift sich als Ansprechpartner für die Politik in kulturpolitischen Fragen.

Wir müssen das verhindern. Ich glaube, dass die AfD das gerne verändern möchte. Und ich glaube, dass sie mit einem so kräftigen Impuls in die deutsche Landschaft hineingekommen ist, dass sie dazu theoretisch die Möglichkeiten hat. Wir müssen das verhindern, weil sie mit dieser Forderung nicht nur einen Konsens verlässt, den es über viele Jahrzehnte in Deutschland gegeben hat, sondern einfach dem Grundgesetz widerspricht. Im Grundgesetz steht, dass die Kunst frei ist, besonders vor staatlicher Reglementierung. Das will die AfD ändern und da, glaube ich, ist Widerstand notwendig.

Wie gross schätzen Sie denn konkret die Gestaltungsmacht der AfD ein?

Sie ist ja nicht als kleine Partei in die Landesparlamente gekommen, sondern als grosse Fraktionen. In Sachsen-Anhalt ist die AfD mit fast 25 Prozent die zweitstärkste Fraktion im Landtag. Das bedeutet, dass man auch in der Opposition Rechte hat, die Gestaltung zulassen. Die AfD wird nicht nur Mitglieder in die verschiedenen Ausschüsse des Landtags schicken, sondern sie wird auch das Recht haben, die Vorsitzenden in einigen der Ausschüsse zu bestimmen. Da müssen wir wachsam sein.

Wie sehen denn Ihre Befürchtungen konkret aus?

Konkret bedeutet das, dass sie umsetzen wollen, was im Wahlprogramm steht: «Museen, Orchester und Theater sind in der Pflicht, einen positiven Bezug zur eigenen Heimat zu fördern.» Das bedeutet umgedreht: wer nach ihrer Ansicht dieser Pflicht nicht genügt, würde automatisch aus der öffentlichen Kulturförderung herausfallen. Im Moment sieht es noch nicht so aus, als würden sie das heute oder morgen umsetzen können, weil sie höchstwahrscheinlich keine Regierungsverantwortung werden übernehmen können. Aber es wird sich dorthin entwickeln können.

Die Kultur ist der AfD so wichtig, dass sie schon in der Präambel des Wahlprogramms behandelt wird. Überrascht Sie das?

Das überrascht mich gar nicht. Kultur ist immer wichtig, wenn es um politische Veränderungen geht. Die AfD beruft sich ja gerade auf kulturelle Themen – sie spricht von einem Abendland, das mit einer gewissen Form von Kultur in Verbindung gebracht wird. Für die AfD zählen Kulturpolitik und Bildungspolitik zu den entscheidendsten Grössen.

Der deutsche Kulturrat, dessen Geschäftsführer Sie sind, ruft zum Widerstand gegen die AfD-Politik auf. Ein Appell verhallt rasch. Mit welchen konkreten Mitteln wollen Sie denn gegen die AfD-Politik angehen?

Erstmal müssen wir darüber reden, und das tun wir auch kräftig. Wir müssen auch bereit sein, mit den AfD-Mitgliedern und den AfD-Funktionären diese Debatte zu führen. Wir werden sie strittig führen, aber wir sind dazu bereit.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 15.3.2016, 6.50 Uhr.

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