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Gesellschaft & Religion Eine Region in Afghanistan wird Kulturhauptstadt. Was bringt das?

2015 wird ein Schlüsseljahr für die Afghanen. Die ISAF-Mission der NATO endet. Organisationen preschen mit spektakulären Initiativen vor und ernennen die kulturell reiche Region Bamiyan zur Kulturhauptstadt. Was ändert das für eins der ärmsten Gebiete der Welt?

Die afghanische Region Bamiyan wird die erste südasiatische Kulturhauptstadt. Kaum war diese Meldung draussen, wollten Regierungsbeamte in Kabul bei der Durchführung mitreden. Hilfsorganisationen schlugen die Hände über dem Kopf zusammen, als sie erfuhren, wie man in Kabul das Geld ausgegeben will.

Die SAARC

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Mitglieder der südasiatischen Vereinigung für regionale Kooperation sind Indien, Pakistan, Bangladesch, Nepal, Sri Lanka, Bhutan, die Malediven und Afghanistan. China, Japan, die EU, Südkorea, die USA und der Iran haben Beobachterstatus. Die SAARC organisiert Kooperationen und hat das europäische Konzept der Kulturhauptstadt übernommen.

Denn sie wissen: In Afghanistan Entwicklungsprojekte anzustossen, führt auch bei engagierten Aufbauhelfern schnell zu Ernüchterung. Knapp 1000 Milliarden Dollar der Geberländer sind in 13 Jahren in die Erhaltung der Militärinfrastruktur geflossen. Ex-Präsident Karzai hatte viel versprochen, aber wenig geliefert. Und so ging das traditionell vernachlässigte, bitterarme Bamiyan lange Zeit leer aus.

Durchwurschteln war ein Schlüsselproblem

Die deutsche Hilfsorganisation HELP mit Sitz in Bonn und die weltweit agierende Aga Khan-Stiftung haben als Berater der Bamiyaner Provinzregierung daraufhin im Herbst einen Aktions- und Budgetplan vorgestellt. Beide Organisationen sind seit Jahren im Wiederaufbau kultureller Infrastruktur tätig und pflegen zu den lokalen Autoritäten gute partnerschaftliche Beziehungen.

Alfred Horn, Regionaldirektor Afghanistan bei HELP, ist einer der wenigen ausländischen Ehrenbürger der afghanischen Stadt Herat. Er kritisiert den Versuch der Kabuler Zentralregierung, das prestigeträchtige Projekt an sich zu reissen: «Jede Initiative und sei sie noch so klein, regional oder ethnisch bezogen, wollen die Mächtigen in Kabul kontrollieren. Im besten Fall passiert dann nichts. Im schlechten Fall passiert Mist.»

Trotz des nationalen Aufbauprogramms und Fortschritten in der Regionalentwicklung stimmt es, dass in der Zeit der Militärpartnerschaft mit dem Westen Korruption und Missmanagement in der Zentrale viele Projekte zum Erliegen gebracht haben. Das soll sich nun in Bamiyan nicht wiederholen.

Kulturzentrum nahe der gesprengten Buddhas

Ein sehr blauer See inmitten von karger, rötlicher Felsformationen.
Legende: Berge und blaue Seen: Die Region ist ein beliebtes Erholungsgebiet, neuerdings gibt es auch einen Nationalpark. Keystone

In der Region wird seit ein paar Jahren viel gebaut: Die Zahl der Geschäfte und Schulen ist erfreulicherweise gestiegen. Und selbst in abgelegenen Teilen der Provinz sind Aufbauprojekte verwirklicht worden. Die im Jahr 2001 von den Taliban gesprengten Buddha-Statuen stehen trotz diverser internationaler Wiederaufbauplänen zwar noch nicht wieder in ihren Nischen.

Aber dafür eröffnet diesen Frühling die «Buddha-Villa». Das ist ein Kulturzentrum in der frisch restaurierten früheren Parteizentrale der schiitischen Afghanen nahe der Felswand mit den Buddhas. Ausstellungs- und Bildungsräume für Kunst-, Literatur- und Ökologieprojekte wird es da geben, ein Frauencafé und ordentliche Toiletten.

Die Offiziellen der SAARC-Länder, die im April unter anderem aus Indien und den Malediven zu den Feierlichkeiten anreisen, können dort die ersten Erfolge ihrer Kulturhauptstadt in Augenschein nehmen. Einer der für das Gelingen Verantwortlichen ist Vize-Gouverneur Moballekh, mit dem auch der Aufbauhelfer Alfred Horn eng zusammenarbeitet.

Mit Vorsicht kritisiert der Vize-Gouverneur die Mächtigen in Kabul. Die Sicherheitslage beurteilt er verhalten optimistisch: «Bis vor kurzem kamen auch Touristen aus verschiedenen Ländern her. Hoffentlich gibt es während der Feierlichkeiten keine Zwischenfälle.»

Die Demokratie in Bamiyan schlägt Wurzeln

Die Hoffnung der von ihrer uralten Kultur begeisterten Afghanen richtet sich nicht nur auf die Rückkehr der kolossalen Buddha-Statuen, sondern auch auf ein Kulturzentrum. Die UNESCO und die Kabuler Vorgängerregierung wollen ein solches Zentrum mitsamt Museum auf einer Fläche von 26‘000 Quadratmetern errichten.

Um der Verwirklichung dieses Traums näher zu kommen, soll am 22. Januar 2015 der Sieger einer weltweiten Ausschreibung für Designer und Architekten ermittelt werden. Kabul muss nun sein Versprechen einhalten, das Projekt mithilfe der zugesagten koreanischen Hilfsgelder zu realisieren. Damit könnte die Zentralregierung die Loyalität der Bevölkerung zurückgewinnen.

In Bamiyan kann man sehen, dass die einfachen Leute auf Dorfebene gelernt haben, über Prioritäten beim Aufbau mitzuentscheiden. Die Zeit ist vorbei, da Geber allein bestimmen, was die Bevölkerung vor Ort braucht. In Zukunft wäre es sinnvoller, das Geld direkt so zu investieren, dass Bamiyan sich selbst helfen kann.

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