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Kontroverse Werbung «Es wäre fatal, diese Plakate zu verbieten»

In Frankreich hat die aktuelle Werbekampagne des Modelabels Saint Laurent für viel Wirbel gesorgt: Sie würde die Frau als Objekt darstellen und zur Vergewaltigung anstiften. Nun ist die französische Werbeaufsicht eingeschritten: Die Plakate werden wohl verboten.

SRF: Sie sind derzeit in Paris, sie haben diese umstrittenen Plakate in den Strassen gesehen. Was geht einem durch den Kopf, wenn man diese Plakate sieht?

Barbara Vinken: Die Ästhetik dieser Fotografien ist sehr grossstädtisch. Sie sind schwarzweiss. Eine Dokumentation. Ich würde sagen, sie zeigen eine relativ harte Realität. Das eine Model ist hispanisch. Das ist ein Kommentar von Saint Laurent zu der Politik von Donald Trump.

Mode und Politik

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Und was sagen Sie zum Vorwurf, diese Bilder seien frauenverachtend?

Diese Bilder sind natürlich brutal. Die Frage ist aber: Darf man auf Bildern nicht sehen, was ist? Müssen die Bilder politisch korrekt sein oder zeigen sie uns eine frauenfeindliche Realität von der Ästhetik. Man überlegt als Beobachter, was der Westen so macht. Was Männer mit Frauen machen. Ich denke, das ist kein Blick, der blossstellt oder profitiert. Es ist ein Blick des Schocks. Nämlich, dass das eine Realität ist.

Sie sagen, es geht um Referenzen und politische Botschaften. Machen Sie es da der Modeindustrie nicht zu einfach? Ist das nicht einfach teuer inszenierte Pornografie, was wir da sehen?

Ich würde das nicht sagen. Die Modeindustrie ist in letzter Zeit extrem politisch geworden und hat extrem viele politische Botschaften gehabt. Ich sehe diese Bilder auch in diesem politischen Kontext. Natürlich finde ich das sehr provozierend und hart.

Aber es wird einem ein Spiegel vorgehalten und nicht ein Objekt, das zu konsumieren ist. Es wird gezeigt, dass die Weiblichkeit zur Ware gemacht wird. Das heisst aber nicht, dass sie durch diese Plakate zur Ware gemacht wird.

Zur Person

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Barbara Vinken ist Kunst- und Literaturwissenschaftlerin an der Universität München. Sie hat mehrere Bücher über Mode, Feminismus und Pornographie veröffentlicht.

Die französische Werbeaufsicht spricht von frauenverachtenden Bildern. Sie will die Plakate verbieten lassen. Was sagen Sie dazu?

Ich halte es für fatal, dass wir in unserer Gesellschaft das, was ist, nicht mehr zeigen dürfen. Ein Heroinstrich oder die Art, so auf junge, dünne Frauen zuzugehen, ist grauenhaft. Aber es ist eine Realität unserer Grossstädte. Darum finde ich es scheinheilig, dass man darauf keinen Blick werfen darf.

Das Gespräch führte Barbara Peter.

Sendung: Kultur Kompakt, 9. März 2017, Radio SRF 2 Kultur, 8.40 Uhr

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