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Eine Illustration von Markus Huppenbauer.
Legende: «Menschen haben komplexe Beziehungen untereinander, die wir mit anderen Wesen nicht haben», sagt Markus Huppenbauer. SRF / Cecilia Bozzoli / Nino Christen

Gedankenspiel Menschenfleisch «Mit Menschen haben wir andere Beziehungen als mit Tieren»

Zu Menschen können wir eine andere Art von Beziehung aufbauen als zu Tieren. Das sei auch der Grund, warum Menschen und Tiere moralisch nicht gleichwertig sind, meint der Philosoph Markus Huppenbauer.

Angenommen, Aliens würden die Erde überfallen, uns gefangen nehmen, uns schlachten und genüsslich verspeisen, mit der Rechtfertigung, sie seien uns im Denken überlegen: Ist das eine gute Begründung?

Markus Huppenbauer: Nein, aber ich halte auch Ihre Frage nicht für wirklich sinnvoll.

Warum nicht?

Weil die moralische Frage, wie wir mit Menschen umgehen sollen, nicht primär eine Frage des Denkens und des vernünftigen Begründens ist, sondern eine Frage der Beziehung und Empathie. Wir sind uns als Menschen gegenseitig moralisch verpflichtet, weil wir uns der Gemeinschaft der Menschen zugehörig fühlen. In dieser Gemeinschaft lernen wir, was es bedeutet, sich als Menschen anständig zu behandeln.

Zur Person

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Markus Huppenbauer ist Philosoph, Theologe und Direktor des Zentrums für Religion, Wirtschaft und Politik (ZRWP) an der Universität Zürich.

Die Aliens haben aber weder Empathie noch soziale Beziehungen mit uns. Heisst das, ihr Handeln ist deswegen moralisch in Ordnung?

Nein, es heisst, dass sich ihr Handeln einer Beurteilung durch das, was wir Menschen «Moral» nennen, entzieht. Weil sie nicht in menschlichen Gemeinschaften aufgewachsen sind, verstehen Aliens nicht einmal, worum es uns in der Moral geht. Falls ein Löwe einen Menschen töten würde, kann man ihn dafür ja auch nicht moralisch verurteilen.

Wir gehen mit Tieren ähnlich um wie die Aliens im Gedankenexperiment mit uns. Wie können wir unser Verhalten den Tieren gegenüber rechtfertigen?

Als Menschen haben wir komplexe Beziehungen untereinander, die wir so mit anderen Wesen nicht haben. Wir kooperieren miteinander und gestalten unsere Welt. Dieses Netz sozialer Beziehungen und die ihm eingebauten Normen gelingenden Lebens und richtiger Interaktion verbindet uns zur moralischen Gemeinschaft. Natürlich haben einzelne Menschen mit einzelnen Tieren intensive Beziehungen – aber das sind Einzelfälle.

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Sind Menschen also mehr wert als Tiere?

Wer wie im tierethischen Standardargument auf spezifische Eigenschaften und Interessen fokussiert, für den mag der Unterschied zwischen Menschen und bestimmten Tieren moralisch nicht relevant sein. Ich halte das mit Menschen mögliche Netz der Beziehungen, Kommunikationen und Kooperationen für so wichtig, dass ich die moralisch relevante Gemeinschaft enger als die Tierrechtler und Vegetarierinnen fasse.

Finden Sie deswegen auch, man darf Tiere töten, Menschen aber nicht?

Die hier skizzierte Argumentation erlaubt meines Erachtens eine Ungleichbehandlung der Tiere. Vor ihrem Hintergrund lässt sich übrigens gut verstehen, warum einzelne Menschen bestimmte Tiere weder töten noch essen wollen. Sie nehmen sie als Gefährten oder Mitgeschöpfe, also als Mitglieder der moralischen Gemeinschaft wahr.

Manche Tierrechtler fragen, warum wir eigentlich Kühe und Schweine schlechter behandeln als Säuglinge oder Demenzkranke, schliesslich könnten diese Tiere besser denken als jene Menschen.

So fragt nur, wer moralische Bedeutung an bestimmte Eigenschaften und Interessen festmacht. Ich argumentiere anders: Säuglinge und Demenzkranke nehmen wir als Mitglieder unserer Gemeinschaft wahr. Sie gehören zu uns. Darum behandeln wir sie in unserer Kultur mit Fürsorge. Ich schliesse die Öffnung unserer moralischen Gemeinschaft hin zu anderen Wesen zwar nicht prinzipiell aus – würde sie aber am erwähnten Netz der Beziehungen festmachen.

Das Interview führte Yves Bossart

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