Barbara Weiss denkt gerne an die Zeit zurück, als in Montmirail rund 40 Erwachsene und Kinder lebten. «Ich vermisse das Kindergeschrei», sagt die Leiterin der Gemeinschaft Don Camillo. Sie selbst hat mit ihrem Mann drei Kinder an diesem Ort grossgezogen.
Doch längst sind die Kinder ausgeflogen. Es sei nie vorgesehen gewesen, dass die eigenen Kinder in Montmirail bleiben, betont Barbara Weiss: «Wir wollten, dass sich die Kinder zuerst einmal abnabeln, ihre eigenen Flügel entwickeln und diesen Ort verlassen.» Zurückgekommen ist bislang keines.
Wer wird also künftig in Montmirail leben? In den letzten Jahren ist nur eine neue Familie mit zwei Kleinkindern zur Gemeinschaft dazu gestossen. Gleichzeitig geht die Gründergeneration bald in Pension.
Liebgewonnene Rituale loslassen
Barbara Weiss ist vor 25 Jahren mit ihrem Mann an den Neuenburgersee gezogen. Sie suchten ein Leben in christlicher Gemeinschaft und wollten ihren Alltag mit Gleichgesinnten teilen. In der Kommunität Don Camillo war das möglich: gemeinsam arbeiten und beten.
Entstanden ist diese Idee 1977 in Basel. Aus einer reformierten Jugendgruppe heraus bildete sich die Gemeinschaft Don Camillo. Was damals gut und richtig war, müsse aber für eine nächste Generation nicht mehr zwingend gelten, gibt Weiss zu bedenken.
«Wir müssen darüber diskutieren, ob wir uns zukünftig von liebgewonnenen Ritualen trennen können», sagt Barbara Weiss. Beispielsweise betet die Gemeinschaft dreimal täglich. Das sei für Junge vielleicht nicht mehr attraktiv.
Gleicher Lohn
Auch das Finanzierungsmodell könnte zur Debatte stehen, sagt die Leiterin von Montmirail. Momentan fliessen noch alle Einkommen in einen Topf: Wer extern arbeitet und besser verdient, bezahlt mehr. Wer das Gästehaus betreut und einen bescheidenen Lohn erhält, bezahlt weniger.
Barbara Weiss erklärt: «Wir definieren uns nicht über Ausbildung und Löhne, wir wollen alle denselben Mindestlohn.» Es könne aber sein, dass dieses System zukünftig nicht mehr erwünscht ist.
Der junge Vater
Für den jüngsten Erwachsenen in der Gemeinschaft funktioniert dieses System: Jonas Marti ist anfangs 30 und lebt seit vier Jahren mit seiner Frau und zwei Kindern in Montmirail.
Ab und zu würde er Gleichaltrige und insbesondere junge Familien vermissen, gibt Jonas Marti zu. «In Gesprächen merke ich aber, dass sich viele für unseren Lebensstil interessieren», erzählt er und ist überzeugt, dass im kommenden Jahr eine neue Familie zur Gemeinschaft dazustossen werde. Konkrete Anwärter gibt es aber noch keine.
Auch wenn Jonas Marti andere Junge vermisst, schätzt er gleichwohl das durchmischte Alter der Gemeinschaft: «Wir lernen gegenseitig voneinander».
«Wir sind keine Sesselkleber»
Elsbeth und Xandi Bischoff gehören zur Gründergeneration. Seit mehr als 25 Jahren leben sie in Montmirail und gehen Ende Jahr in Pension. «Ich freue mich auf mehr Freiheiten», schwärmt die 64-Jährige. Bis vor Kurzem war sie für das Hauswirtschafts-Team verantwortlich, Ende Jahr will sie noch kürzertreten.
Anders sieht es bei ihrem Mann aus: Beruflich war Xandi Bischoff hauptsächlich ausserhalb der Kommunität tätig, er unterrichtete an einer Fachhochschule. Nach seiner Pensionierung will er vermehrt in der Gemeinschaft mitarbeiten.
Erschwert das den Generationenwechsel nicht zusätzlich, wenn die Altgedienten nicht loslassen? «Momentan sind die Jüngeren froh, dass wir Älteren mitziehen», sagt Xandi Bischoff, «und überhaupt noch jemand hierbleibt».