Die kleine Kabine im Käfigturm Bern sieht aus wie ein Passfotoautomat. Im Innern wartet eine besondere Begegnung:
«Hallo, ich bin Lindita», sagt eine junge Frau auf einem Video-Screen. Dann erzählt sie, dass sie als Kind mit ihren Eltern aus dem Kosovo in die Schweiz geflohen sei. «Und wer bist du?», fragt sie und zieht die Ausstellungsbesucher in ein Gespräch.
Lindita erzählt von Krieg und Flucht, von Angst und Hoffnung. Und sie fordert immer wieder dazu auf, von eigenen Erlebnissen und Erfahrungen zu berichten und das eigene Leben mit dem der Flüchtlingsfamilie zu vergleichen.
«Kein Kinderspiel»
Die Kabine ist Teil der Ausstellung «Kein Kinderspiel», die untersucht, wie Krieg, Gewalterfahrung und Flucht sich auswirken – auf die Geflüchteten und ihre Kinder.
Hinter der Ausstellung steht ein grosses Forschungsprojekt, erzählt Martina Kamm, die die Ausstellung kurierte. Vor zehn Jahren begann sie und ihr sozialwissenschaftliches Team der Organisation «face migration», Geflüchtete zu begleiten.
Sie wollten mehr erfahren über die verborgenen Geschichten von geflüchteten Menschen, die inmitten der sicheren, wohlhabenden Schweiz leben und die Dinge erfahren, die für viele Schweizer kaum vorstellbar sind.
Auch Kinder brauchen Hilfe
Mit nur acht Jahren habe sie mehr als genug erlebt, sagt eine junge Frau im Film «Kein Kinderspiel». Ihren Eltern habe man bei der Aufnahme in die Schweiz psychologisch geholfen. Sie hingegen habe man als Kind nicht so beachtet.
Manchmal würden Kinder benachteiligt, sagt die junge Frau deshalb: «Nur weil sie klein sind, heisst das nicht, dass sie nichts gesehen haben.»
Übersetzen, ohne zu verstehen
Die Geflüchteten der zweiten Generation wachsen in Sicherheit auf. Dann, so scheint es, ist doch alles okay, oder?
Doch meist sind es die Kinder, die zwischen der Welt, die die Eltern in sich tragen und der neuen Heimat vermitteln müssen.
«Ich habe die Traurigkeit meiner Mutter gesehen», sagt eine junge Frau im Film. Sie musste als Kind übersetzen, wenn die Mutter einem Psychiater von Flucht und Gewalt erzählte.
Sie habe ihre Worte übersetzt, ohne sie richtig zu verstehen.
Flucht endet nicht so
Das ist eine Situation, die auch andere Kinder von Geflüchteten erlebt haben und die sie belastet. Sie erleben die Trauer und Verstörung der Eltern, in einem Alter, in dem sie noch viel zu jung sind, um damit umzugehen.
Sie hören Worte, die nicht für sie bestimmt sind. Es gehe sie doch gar nichts an, was ihre Mutter ihrem Psychologen erzähle, sagt eine andere junge Frau im Film «Kein Kinderspiel».
Die Ausstellung erzählt so schlicht und eindrucksvoll von Flucht und Neuanfang, von Verlust und Hoffnung und zeigt: Flucht endet nicht einfach damit, dass man irgendwann irgendwo ankommt.