In der Schweiz leben zurzeit 250 unbegleitete minderjährige Asylsuchende – im Fachjargon «UMA». Sie sind zwischen 6 und 15 Jahre alt. Weitere 700 jugendliche Asylsuchende sind zwischen 16 und 17 Jahre alt. Die Zahlen stammen vom Staatssekretariat für Migration (SEM).
Für Kinder und Jugendliche ist eine Flucht eine besonders grosse Strapaze. Auch die Ankunft im fremden Land strengt an. Weiter gefordert werden sie durch das neue Asylverfahren, das auf 140 Tage gestrafft wurde.
Dieses Tempo könne gerade UMA überfordern, stellt Tobias Heiniger fest. Er hat mehrere Jahre für die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) mit UMA gearbeitet. «Zuerst muss man eine Beziehung zu diesen Jugendlichen aufbauen, bevor man das Vertrauen erhält, um mit ihnen an ihrer Fluchtgeschichte und ihren Zukunftsperspektiven arbeiten zu können.»
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Er kritisiert, dass die Fachbehörden, zum Beispiel die KESB, nicht ins Verfahren einbezogen würden und daher keine Kindesschutzmassnahmen aussprechen können. Für wichtig hält er auch, die Unterschiede zwischen den Kantonen zu vereinheitlichen. Denn anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene werden einem Kanton zugewiesen.
Auch dort werden UMA – wie zuerst im Bundesasylzentrum – von Erwachsenen separiert betreut. Sie werden zum Beispiel bis zum Ende der Schulpflicht im Zentrum für unbegleitete Minderjährige in Affoltern am Albis ausgebildet und bei der Suche nach einer Lehr- oder Arbeitsstelle unterstützt.
Nachher ist eine Gemeinde für sie zuständig. «Vielleicht muss jemand von einem abgelegenen Dorf aus selbständig sein Leben gestalten», sagt Heiniger. Die Asylfürsorge deckt knapp die Grundbedürfnisse.
Ziel: Integration
«Über 90 Prozent der vorläufig Aufgenommenen bleiben langfristig oder für immer in der Schweiz», merkt Heiniger an. Ihre Integration ist daher zentral. Gerade junge Leute gliederten sich gut in die Gesellschaft ein. «Sie kommen mit einem grossen Willen und vielen Kompetenzen ins Land. Nach drei, vier Jahren haben viele in unserer Gesellschaft Fuss gefasst.»
Der Bund hat auf den 1. Mai mehr Geld zur Umsetzung einer «Integrationsagenda» gesprochen. Diese schreibt die Leitlinien für die Kantone fest und definiert, was diese Menschen zu erreichen haben.
SEM-Sprecher Lukas Rieder sagt dazu: «100 Prozent von ihnen müssen innert drei Jahren Grundkenntnisse einer Landessprache haben und zwei Drittel im Grundschulprozess oder in einer Ausbildung sein. Nach sieben Jahren sollen zwei Drittel in den Arbeitsmarkt integriert sein.» Um nicht auf Sozialhilfe angewiesen zu sein, wie das oft der Fall ist.
Der Preis der Integration
«Integration ist ein Bereich, wo viel geleistet und eine hohe Anfangsinvestition getätigt werden muss, die sich aber auf lange Sicht für alle Beteiligten auszahlt, für die Asylsuchenden wie für die Steuerzahler», sagt Rieder weiter.
Gesellschaft und Politik müssten sich darum fragen, wie viel sie aufwenden wollen. Aber: «Letztlich ist es die Politik, die den öffentlichen Diskurs richtig deuten und entsprechende Aufgaben definieren muss.»