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Gesellschaft & Religion Moderne Sklaverei ist auch in der Schweiz Realität

Weltweit sind schätzungsweise 21 Millionen Menschen von modernen Formen der Sklaverei betroffen: Sie arbeiten unter beklagenswerten Bedingungen, ohne sich dagegen wehren zu können. Auch in der Schweiz werden viele Stunden Arbeit ohne angemessenen Lohn verrichtet. Dies vor allem im Sex-Gewerbe.

Offiziell sind Sklaverei und Sklavenhandel seit 1949 weltweit abgeschafft. Doch die formale Abschaffung ist das eine – das andere ist die Realität. Diese zeigt: Es gibt auch heute noch Menschen, die wie Sklaven leben. Das belegt ein neuer Bericht der Vereinten Nationen zum Menschenhandel. Auf der ganzen Welt wandern Menschen aus ärmeren Ländern in reiche – immer auf der Suche nach Arbeit. Dabei werden sie häufig ausgebeutet – man spricht von einer modernen Form von Sklaverei. Die UNO schätzt, dass weltweit rund 21 Millionen Männer, Frauen und Kinder zur Arbeit gezwungen werden.

«Es braucht mehr Sensibilisierung in der Schweiz»

Abschaffung der Sklaverei

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Am 2. Dezember ist internationaler Tag für die Abschaffung der Sklaverei. 1949 wurde mit einer UN-Resolution die Sklaverei weltweit offiziell abgeschafft. 1998 führten die Vereinten Nationen den Gedenktag ein.

Und wie sieht es in Europa aus? Auch hier gibt es zahlreiche Branchen, in denen Menschen laut Experten ausgebeutet werden: in der Gastronomie, der Landwirtschaft, der Bau- oder Fleisch-Industrie. Aber auch in privaten Haushalten – sei es als Pflegerinnen oder Haushaltshilfen. Häufig trifft es dabei Menschen aus Osteuropa, die im Westen ihren Lebensunterhalt zu verdienen versuchen. Wie viele genau ausgenützt werden, weiss man nicht.

Was man weiss: Auch in der Schweiz gibt es Männer und Frauen, die Opfer von Menschenhandel werden und viel zu viele Stunden für zu wenig Lohn arbeiten müssen – ohne sich dagegen wehren zu können. «Es braucht mehr Sensibilisierung in der Schweiz, denn Arbeitsausbeutung findet oft im Versteckten statt – wir sehen nicht, ob jemand keinen Lohn erhält oder unter schlechten Bedingungen arbeitet», sagt Susanne Seytter, Leiterin der Schweizer Fachstelle für Frauenhandel und Frauenmigration FIZ.

Zuhälter nützen Frauen und Männer systematisch aus

Lediglich das Sex-Gewerbe ist gut ausgeleuchtet, hier kennt man Zahlen und Fakten und weiss Bescheid, unter welchen Umständen Frauen nach Westeuropa gelangen. Mit Versprechungen werden Männer und Frauen hierher gelockt, um dann systematisch ausgenutzt zu werden. Sie bekommen einen Bruchteil von dem, was ihnen zustehen würde, wohnen oft isoliert und arbeiten zu viele Stunden pro Tag.

Damit die Justiz die verantwortlichen Arbeitgeber fassen kann, müssen die Opfer aufgeklärt werden. Das können Betroffene auf einer Beratungsstelle. In der Schweiz gibt es neben den Beratungen für Migranten und Sans-Papiers einige Gewerkschaften und Kirchen, die Menschen in kritischen Arbeitssituationen weiterhelfen. Ein solches Angebot bestehe aber längst nicht in allen Kantonen, sagt Susanne Seytter: «Vor allem die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Strafverfolgungsbehörden, Kontrollbehörden, NGOs und dem Arbeitsmarkt muss sich verbessern, um gegen die verantwortlichen Arbeitgeber vorgehen zu können.»

Jeder muss auf fairem Weg Geld verdienen können

Neben Sensibilisierung und der Zusammenarbeit aller Stellen braucht es auch Zeugen, die vor Gericht aussagen: Die Rolle des Zeugen müsse attraktiver werden, meint Susanne Seytter. Menschen, die zum Arbeiten in die Schweiz kommen, sollen auch vor den Behörden ihre eigenen Rechte durchsetzen können. Denn deswegen sind sie hier: um ihre Existenz zu sichern und auf fairem Weg Geld zu verdienen.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 1.12.2014, 17:06 Uhr.

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